© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/10 14. Mai 2010

Weniger Informationen, mehr Bilder
Umweltbundesamt: Neue Schwerpunkte im Jahresbericht / Wechsel in der Führungsspitze zeigt Auswirkungen
Volker Kempf

Der neue Jahresbericht des Umweltbundesamtes (UBA) ist der erste unter neuer Führung: Seit Sommer 2009 steht der frühere Präsident des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu), Jochen Flasbarth, an der Spitze der Dessauer Behörde. Sein Amtsvorgänger Andreas Troge, der 1995 unter der damaligen Bundesumweltministerin Angela Merkel ins Amt gekommen war, ging aus Gesundheitsgründen mit 59 Jahren in den Ruhestand. Im September trat Troge zudem aus der CDU aus.

Die unter der Bundeskanzlerin vertretenen CDU-Positionen seien nicht mehr die seinen. In seinem Brief an den Berliner CDU-Verband von Steglitz-Zehlendorf forderte er dasselbe wie als UBA-Chef: weniger Flächenverbrauch für Siedlung und Verkehr sowie klare ordnungspolitische Regelungen. Der Abbau direkt umweltschädlicher Subventionen biete ein jährliches Einsparpotential von über 30 Milliarden Euro. Doch das Wahlprogramm der Christdemokraten sei zu oberflächlich. Und Oberflächlichkeit war und ist Troges Sache nicht. Die unter seiner Regie entstandenen UBA-Berichte zeigten die Diskrepanzen zwischen politischen Ansprüchen und Wirklichkeit detailliert auf.

Der neue Jahresbericht „Schwerpunkte 2010“ verspricht, daß das UBA auch „weiterhin Fakten und Anstöße in der bewährten Qualität liefern“ will. „Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt, wie verwundbar Gesellschaften sind, die sich ausschließlich an kurzfristigen ökonomischen Erfolgen und Renditemaximierung ausrichten“, schreibt Flasbarth. Umweltschutz müsse als Vorsorge, nicht als Nachbesserung betrieben werden. Dafür brauche es eine „ökologische Wirtschaftspolitik“, beispielsweise im Verkehrssektor. Hier prognostiziere das Verkehrsministerium bis 2025 einen „stark steigenden Verkehrsaufwand“. Im Güterverkehr habe er sich seit 1990 von 400 Milliarden Tonnenkilometer (tkm) auf fast 600 tkm erhöht. Das UBA kann sich vorstellen, daß der Zuwachs des Straßengüterverkehrs bis 2025 nur 44 tkm statt 230 tkm betragen könne. Das Szenario beruht auf der Berücksichtigung von Instrumenten wie Raumplanung, Lkw-Maut und der Verlagerung von Gütern von der Straße auf Bahn und Schiff. Doch immer mehr Produkte legen immer mehr Kilometer zurück. Das war ein Ziel des EU-Binnenmarktes – und nun wird nach Instrumenten gesucht, das Verkehrsaufkommen dämpfen.

Zum Dauerthema Klimaschutz zitiert Flasbarth den ehemaligen Chefökonomen der Weltbank, Nicholas Stern: „Wir sind reich genug, um den Klimaschutz zu finanzieren, aber zu arm, um den Klimawandel einfach hinnehmen zu können.“ Dennoch wird ehrlicherweise vom UBA erwähnt, daß es in Deutschland auch Gewinner einer Klimaerwärmung gibt – im kalten Norden und auch in Mittelgebirgslagen. Das könnte hier zum Anbau „bisher wärmelimitierter Kulturen wie Körnermais, bestimmter Obstarten und -sorten, Wein, ferner Winterformen von Getreide und Raps“ führen. Andernorts werde aber wegen der Zunahme von Wetterextremen in Wasserrückhaltung und in neue Pflanzenzüchtungen investiert werden müssen – klingt nach einem „Aktionsplan Anpassung“, nach Machbarkeit.

Die neue UBA-Jahrespublikation ist farbiger geworden. Dagegen wäre nichts einzuwenden, würde das nicht in teilweise ganzseitige Bilder ausarten. Denn das Format der Broschüre ist kleiner geworden, der Umfang ist von einst 128 auf nun 88 Seiten geschrumpft. 24 Seiten Selbstdarstellung des UBA und seiner Fachbereiche sowie die Auflistung der Veröffentlichungen der Mitarbeiter des Berichts gab es vorher zwar auch, dies fällt aber nun anteilig deutlich mehr ins Gewicht. Warum spart man an Umweltinformationen und nicht an der Selbstdarstellung?

Statt einen Mittelweg zwischen Broschüre und Bericht einzuschlagen, wäre es transparenter, für die Umweltbewegten, die nicht nur oberflächlich informiert werden wollen, einen umfangreichen Bericht vorzulegen. Immerhin wird die Arbeit der 1.500 UBA-Bediensteten vom Steuerzahler finanziert, der nicht das Gefühl bekommen sollte, mit knappen Informationen abgespeist zu werden.

Foto: Der UBA-Bericht „Schwerpunkte 2010“ ist kostenfrei erhältlich bei Gemeinnützige Werkstätten Bonn, In den Wiesen 1-3, 53227 Bonn

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