© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/10 14. Mai 2010

WIRTSCHAFT
Subventionierte Sonnenrepublik
Axel Glöggler

Wer einen Frühlingsspaziergang macht, stellt fest, daß sich viele Dächer versilbern. Doch manches Mal stockt der Prozeß. „Warum denn?“ fragte ich meinen Nachbarn. „Wir können nicht weitermachen. Die Zuleitungen müssen erst noch gebaut werden.“ Er sei ja nicht dafür, aber sein Sohn wolle das so. „Es kostet ja alles gewaltiges Geld. 50.000 Euro für das Dach.“ Es hat schätzungsweise 200 Quadratmeter. „Aber mein Sohn meint, das rechne sich, in sechs, sieben Jahren sei alles bezahlt. Er hat sich ausgerechnet, daß er pro Monat achthundert Euro bekommt. Und damit zahlt er seinen Kredit ab“. Ich war verwundert, daß eine konservative Familie sich so verschuldet. „Wissen Sie denn, daß Ihr Sohn das alles selber mitbezahlt?“ entgegnete ich. „Wieso denn? Vom Eon-Konzern bekommt er doch die Einspeisevergütung direkt aufs Konto.“

Ich fragte mich: „Ist das gerecht?“ Die meisten verfügen nicht über ein solch großes Dach. Doch ihrer Stromrechnung zahlen sie – dank  Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) – für jedes Solardach mit. „Will ich auch haben“ – das ist das Motto unserer Zeit. Jeder schnappt nach Vergünstigungen  wie die Kinder am Kölner Karnevalszug nach Kamellen. Keiner will zu kurz kommen. Mit Brot und Spielen narkotisierten die römischen Kaiser den Plebs, damit er nicht aufmüpfig wurde. Das ist der Wettbewerb, den die politische Begünstigungspolitik schafft. Der Bundestag beschloß vorige Woche zwar eine Änderung des EEG. Ab Juli wird die Förderung von Solaranlagen auf Dächern um 16 Prozent gekürzt, die auf Freiflächen um 15 Prozent. Doch die auf 20 Jahre garantierten Abnahmepreise für Solarstrom aus Solaranlagen liegen auch dann noch weit über dem Marktpreis für konventionellen Strom – das Subventionskarussell dreht sich munter weiter.

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