© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/10 14. Mai 2010

Frisch gepresst

Paul Carell. Peinlich berühren die streberhaft aufgeblasenen Sätze, mit denen Christian Plöger das Vorwort zu seiner Münsteraner Dissertation ausklingen läßt: Er wolle mit dem Opus dazu beitragen, „die NS-Schreckensherrschaft im Bewußtsein einer jeden Generation“ zu konservieren. „Daher widme ich diese Arbeit den Opfern des Holocaust.“ Leider geht es in seiner Biographie des AA-Pressechefs (1940–1945), Springer- Journalisten und zeithistorischen Erfolgsautors Paul Karl Schmidt in diesem Duktus über 400 Seiten weiter (Von Ribbentrop zu Springer. Zu Leben und Wirken von Paul Karl Schmidt alias Paul Carell. Tectum Verlag, Marburg 2010, gebunden, 475 Seiten, 34,90 Euro). Bis 1945 steht „Schmidt und der Holocaust“ im Mittelpunkt, und der Pressemann erscheint hier – nicht weiter überraschend – natürlich als „Schreibtischtäter“. Textanalyse zählt dabei nicht zu den stärksten Seiten Plögers, so daß er auch aus den ellenlangen Schmidt-Zitaten aus dem Federkrieg mit Großbritannien und den USA kaum mehr an Ertrag herausholt, als daß es sich um „Diffamierungen“ Roosevelts und Churchills gehandelt habe. Ebenso hemdsärmelig moralisierend legt Plöger den Zollstock an, wenn er sich Schmidts unter dem Pseudonym „Paul Carell“ verfaßten, ein breites Publikum erreichenden Werke wie „Unternehmen Barbarossa“ oder „Die Wüstenfüchse“ vornimmt, die das Bild der deutschen Öffentlichkeit vom Zweiten Weltkrieg bis in die 1970er Jahre nachhaltig prägten. Diese Besteller, so Plöger, hätten die Realität des Krieges „verharmlosend“ auf das rein Militärische reduziert.

 

Helmut Quaritsch. Versammelte die Festschrift zum 70. Geburtstag die Beiträge von Kollegen und Schülern, soll die Ehrung zum Achtzigsten von Helmut Quaritsch am 20. April eine „Freundesgabe“ sein (Souveränitätsprobleme der Neuzeit. Duncker&Humblot, Berlin 2010, broschiert, 185 Seiten, 58 Euro). Sie ist, wie die Herausgeber Hans-Christof Kraus und Heinrich A. Wolff ihn im Vorwort rühmen, einem der „eindrucksvollsten deutschen Staatsrechtslehrer“ nach 1945 zugedacht. Neben Wolff, der über „Wehrverfassung als Beispiel eigener Souveränitätsbeschränkung“ schreibt, und Kraus, der einer zeithistorischen Fußnote, der Frage einer monarchischen Restauration in der frühen BRD, seine Aufmerksamkeit schenkt, beteiligen sich Piet Tommissen mit einer Studie zur Beziehung zwischen Julien Freund und Carl Schmitt, Wolfgang Schuller (Souveränitätsbeschränkungen neuen Typus), Gerd Roellecke (Menschenrechte und Souveränität erneut bedacht) und – von aktueller Brisanz – mit einem vom Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgehenden, die souveräne Staatlichkeit der Bundesrepublik verteidigenden Votum der Freiburger Staatsrechtler Dietrich Murswiek.

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