© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/10 21. Mai 2010

Die Glorreichen Sieben
Österreich: Der Parteivorstand verkündete die Nicht-Kursänderung der FPÖ / Kommt Machtprobe zwischen dem nationalen und dem populistischen Lager?
Hans B. von Sothen

Nein, einen Richtungsstreit habe es nicht gegeben, erklärte Barbara Rosenkranz. Die FPÖ-Vorstandssitzung sei „sehr konstruktiv“ verlaufen. Und verändert habe sich „gar nichts“. Das bestätigte, tapfer lächelnd, die im April mit 15,2 Prozent (481.923 Stimmen) unterlegene Präsidentschaftskandidatin (JF 18/10), als sie vorige Woche die wohl wichtigste Sitzung des freiheitlichen Parteivorstands seit langer Zeit vorzeitig verließ. Das bestätigte wenig später auch Parteichef Heinz-Christian Strache.

Die Großen der drittstärksten Partei Österreichs (Nationalratswahl 2008: 857.029 Stimmen/17,5 Prozent) hatten sich damit zu beschäftigen, wie die Zukunft der Partei denn nach dem trotz Medienkampagne (JF 11/10) respektablen, aber doch als etwas enttäuschend empfundenen Wahlergebnis aussehen solle. Strache, so ließ er die Presse wissen, habe für seine geplante Neuorganisation der Parteispitze „die volle Bestätigung“ des Vorstands gefunden. Neu verorten wolle sich die Partei, so hieß es, und ebenfalls verjüngen. Die FPÖ, so Strache, wolle sich nicht als „Vergangenheitspartei“ präsentieren. Die Freiheitlichen seien „keine Partei der Ewig-Gestrigen“.

Die absolute Mehrheit der SPÖ in Wien soll fallen

Die ewigen historischen Diskussionen, so der 40jährige Parteiobmann, sei der Wähler leid. Neue Themen und neue Gesichter seien das Gebot der Stunde. So war es kein Wunder, daß die neue Gruppe unter dem lockeren Titel „Die glorreichen Sieben“ ohne bisher unverzichtbar scheinende Namen wie Barbara Rosenkranz, den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (JF 14/10) oder Andreas Mölzer auskam. Der 57jährige Mölzer, Mitherausgeber der Wiener Wochenzeitung Zur Zeit, nahm es mit Humor: Er sei sowieso lange Zeit einer der Glorreichen Sieben der Freiheitlichen gewesen, jetzt würden „vor allem jüngere Kräfte präsentiert“.

Zwei Hauptziele verfolgt Strache: die Wiener Landtagswahl im Oktober 2010, wo die Freiheitlichen den seit dem Zweiten Weltkrieg auf Sieg abonnierten Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Michael Häupl mindestens die absolute Mehrheit abjagen, ihn möglicherweise auch aus dem Bürgermeisteramt verdrängen wollen. Von einem ehrgeizigen Wahlziel von 30 Prozent für die FPÖ ist die Rede. Langfristig bleibt aber Straches Hauptziel die Regierungsbeteiligung auf Bundesebene. Für dieses Konzept sind die „Glorreichen Sieben“ vorgesehen.

Zu ihnen gehören die beiden Ratgeber und Generalsekretäre Harald Vilimsky und Herbert Kickl; weiterhin der Nationalrat Harald Stefan, ein Burschenschafter, der als Vertreter des nationalen FPÖ-Flügels gilt. Zu den „Glorreichen“ zählt aber der Kärntner Landeschef Uwe Scheuch, der Vorarlberger Dieter Egger, der Burgenländer Heichrich Tschürtz sowie Barbara Kappel, Büroleiterin des einflußreichen Papierindustriellen Thomas Prinzhorn – unter Jörg Haider längere Zeit Nationalratspräsident für die FPÖ – und Exponentin des Wirtschaftsflügels der Freiheitlichen. Die 41jährige soll für Wien „aufgebaut“ werden, so Strache.

Kenner der freiheitlichen Szenerie sagen freilich für die Zukunft weniger eine Wiederholung des Flügelkampfes zwischen „Nationalen“ und „Liberalen“ in der Partei voraus, sondern mittelfristig eher eine Machtprobe zwischen dem nationalen und dem populistischen Lager – denjenigen also, die sich der Tradition Haiders verbunden fühlen und denen die nationalen Traditionen der Partei eher hinderlich und obsolet erscheinen. Das Ergebnis dieser kommenden Kraftprobe steht freilich noch aus.

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