© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/10 21. Mai 2010

WIRTSCHAFT
Der Crash ist nur aufgeschoben
Marco Meng

Noch nie steckte die Europäische Währungsunion in einer solch tiefen Krise. Es hat sich herausgestellt, daß eine Gemeinschaftswährung für derart unterschiedliche Länder nicht funktionieren kann. Aber was bringt es, wenn man als Reaktion darauf eigentlich uneinbringbare Schulden mit fremden Krediten und frisch gedruckten  Zentralbank-Euro ablöst, wie es nun beabsichtigt ist? Die Süd­europäer sind keine einsamen Sünder, in diesem Jahr verstoßen fast alle Euro-Länder gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt. Der öffentliche Schuldenstand im EU-Schnitt steigt auf nahezu 80 Prozent. Die unsinnigen Statistiken, die mit der Realität nichts zu tun haben, sind dabei ebenso zu hinterfragen wie die aus den USA stammende Shareholder-Value-Ideologie. Die einzig auf die Interessen der Großaktionäre ausgerichtete Unternehmensführung wird inzwischen als eine der Hauptursachen für weltweite Wirtschaftskrisen angesehen.

Solche Kurzfrist-Aktionäre wollen keine Teilhabe, sondern spekulieren, am Unternehmen oder dem Staat selbst sind sie nicht interessiert. Ihr Ziel ist kurzfristige Rendite – schon die mittelfristigen Konsequenzen sind ihnen gleichgültig. Auf den Club Med übertragen heißt das: Er war jahrelang ein aufnahmefreudiger Exportmarkt, doch gezahlt wurde mit geborgten Euro. Das ging eine Dekade lang gut – mit verheerenden Folgen. Nun müssen diese nordischen Steuerzahler einspringen, damit die Gläubiger der mediterranen Milliardenschulden weiter hohe Renditen kassieren bzw. ihr geliehenes Geld fristgerecht zurückbekommen. Ansonsten wäre dieses Geschäftsmodell schon jetzt am Ende. Vorerst können sich die Vermögen der einen und Schulden der anderen zwar weiter vermehren. Doch wie lange geht das gut? Der Crash ist nur aufgeschoben.

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