© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/10 28. Mai 2010

Aufgeschnappt
Berührende Quote
Matthias Bäkermann

Schützenhilfe bekam die erste muslimische Ministerin in Niedersachsen, Aygül Özkan (CDU), mit ihrer Kritik an Kruzifixen in öffentlichen Gebäuden vor einigen Wochen vom dortigen Landesvorsitzenden der Jüdischen Gemeinden, Michael Fürst. „Mich haben als Anwalt schon oft die Kreuze im Gerichtssaal berührt“, gestand der Hannoveraner Fürst der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (vom 29. April) und kritisierte „diese Symbolik“ in neutralen Justizräumen ohnehin als verfassungswidrig.

Seiner Bitte an den Justizminister Bernd Busemann (CDU), deshalb doch einmal zwischen Harz und Ems die Lage zu sondieren, in welcher Anzahl Kruzifixe überhaupt in Gerichtssälen vorhanden seien, kam dieser umgehend nach und ordnete eine Kreuz-Zählung in allen niedersächsischen Justizräumen an. Vergangene Woche machte er in einem Schreiben an Fürst Meldung, wie nun das Justizministerium der Presse mitteilte: Demnach sind in den 127 Gerichten, drei Generalstaatsanwaltschaften, elf Staatsanwaltschaften und den 13 Justizvollzugsanstalten ganze fünf Kruzifixe in den Sitzungssälen vorhanden. Diese verteilen sich auch noch auf zwei Amtsgerichte (Vechta und Cloppenburg) im katholischen Südoldenburg. „Gegebenenfalls könnten noch ein historisches Bleiglasfenster im Amtsgericht Stade, welches eine Kreuzigungsszene zeigt, sowie ein von einem Beamten selbst angebrachtes Kruzifix in seinem Dienstzimmer in der Rechtsantragstelle des Sozialgerichts Hildesheim hinzugerechnet werden“, gesteht Busemann ganz pedantisch. „Einen Grund  zu weiteren Veranlassungen sehe ich nicht“, schlußfolgert der Minister in beherzter Basta-Manier.

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