© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/10 28. Mai 2010

Auf den Charakter kommt es an
Vermögensanlage Humankapital: Der Niedergang des Euro ermöglicht eine Werte-Renaissance
Bernd-Thomas Ramb

Der Euro verliert an Wert und Vertrauen. Die europäischen Währungshüter vergessen ihre Pflicht, das ihnen anvertraute Geld vor Kaufkraftverlust zu bewahren. Die Angst vor Inflation, Staatsbankrott und Währungsreform treibt alle, die Rücklagen zur Altersvorsorge oder für Notzeiten gebildet haben, aus den Geldanlagen in die Sachwerte.

Noch ahnen die wenigsten, daß der bevorstehende Währungszusammenbruch keinen vor Vermögensverlusten verschonen wird und sich alle auf materiell bescheidenere Lebensumstände einstellen müssen. Der materielle Vermögensverlust bietet jedoch auch die Chance auf eine ideelle Rückbesinnung: Vermögen läßt sich auch in Form von Humankapital bilden und erhalten.

Mit der Geldkrise verschärfen sich die Umverteilungskämpfe und Forderungen nach Enteignung der Besitzenden im Namen der „sozialen Gerechtigkeit“. Der Staat kann besonders schnell und leicht das Geldvermögen wegnehmen; sogar – zumindest teilweise – auf legalem Wege, wie die ständig neuen Steuerpläne beweisen.

Die Flucht in die Sachwerte bietet aber auch keinen vollständigen Schutz vor staatlichen Enteignungsmaßnahmen. Vermögenssteuern können durchaus auch beim Sachvermögen ansetzen. Vor allem können politische Unruhen und Revolten schnell dazu führen, daß den „Reichen“ das materielle Vermögen mit Gewalt genommen wird. Die kommunistisch-sozialistischen Regime haben die Realität dieser Gefahr in der Vergangenheit wiederholt bewiesen. Wiederholungen sind in der Zukunft nicht ausgeschlossen.

Was aber weder das Finanzamt noch Terrorstaaten wegnehmen können, ist das Humankapital. Das Wort Humankapital – „Unwort“ des Jahres 2004 – ist wiederholt (und in jüngster Zeit verstärkt) ganz gezielt mißverstanden worden. Human und Kapital sollen nicht zusammenpassen, weil human etwas Menschliches und das Kapital etwas Unmenschliches sei. Diese – wortwörtlich – schwachsinnige Interpretation hebt einseitig den Sachverhalt hervor, daß jeder Mensch sein Humankapital zum Einkommenserwerb einsetzen kann. Diese Tatsache als schlecht zu werten, verhindert langfristig jeden effizienten Einsatz der menschlichen Arbeitsleistung zur Verbesserung der individuellen und allgemeinen Wohlfahrt.

Das Humankapital umfaßt aber nicht nur die persönliche Arbeitsproduktivität, sondern das gesamte Ausmaß an Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen, das sich ein Mensch durch Bildung, Übung und Erfahrung aneignet. Eine Einschränkung der Verwendung des Humankapitals für die Erwirtschaftung materiellen Einkommens, vielleicht sogar weiter eingeengt auf den Erwerb von Geldeinkommen, ist daher falsch.

Dies berücksichtigt nicht das grundsätzliche Streben des Menschen nach materiellem und geistigem Wohlbefinden. Neben der Berufsausbildung ist auch die Herzensbildung gewinnbringend, neben Spezialfähigkeiten ist Allgemeinbildung gewünscht. Was nutzt einsame Spitzenklasse im Beruf, wenn privat die sozialen Kontakte fehlen? Und schließlich zählt zum Humankapital auch die Einsicht: Was nutzen alle Reichtümer dieser Welt, wenn dabei die Seele Schaden nimmt?

Neben der seelischen Integrität gehört die körperliche Gesundheit zu den wichtigen Bestandteilen des Humankapitals. Hier kann ein gezielter Einsatz von Geldkapital durchaus zweckdienlich sein. Gerade angesichts der Finanzierungsprobleme im staatlichen Krankenversicherungssystem und der zunehmenden Mängel in der ärztlichen Versorgung mit einer vorhersehbaren stärkeren Belastung der Kranken können sich Investitionen in die persönliche Gesundheit als profitables Humankapital erweisen, wiederum nicht nur bezüglich der Sicherung der Arbeitseinkommen. Gesundheit erfordert allerdings auch einen immateriellen Einsatz: eine gesunde Lebensführung mit Disziplin bei Bewegung und Ernährung und Härte gegenüber den Untugenden der Trägheit und Maßlosigkeit.

Ein wichtiger Aktivposten in der Bilanz des persönlichen Humankapitals sind die sozialen Kontakte. Die Sozialisation eines Menschen umfaßt die Gesamtheit seiner sozialen Bindungen zu anderen Individuen. Um diese Bindungen aufzubauen, zu erhalten und zu vertiefen, sind wiederkehrende Kontaktaufnahmen notwendig, egal ob sie durch familiäre Beziehung im Ansatz vorgegeben sind oder im Laufe des Lebens durch die freie Auswahl von Freunden und Bekannten geknüpft wurden. Wahre Freunde sind natürlich nicht mit Geld zu kaufen, aber Freundschaften wollen gepflegt sein – da sollte man „sich nicht lumpen lassen“. Freilich hat der Satz „Beim Geld hört die Freundschaft auf“ durchaus seine Berechtigung. Geld ist aber allemal besser angelegt in gemeinsamer Freizeitgestaltung, Reisen oder Feiern als in einem Währungsverlust.

Eine besondere Form der Sozialisation, die mit materiellen Zuwendungen gepflegt werden kann, ist die Unterstützung bedürftiger Mitmenschen. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Spenden nicht allein an „gesichtslose“ Organisationen geleistet werden, sondern der Wohltäter mit dem Beschenkten tatsächlich in Kontakt kommt. Aus Scheu davor spenden viele jedoch lieber anonym an Hilfsorganisationen. Die persönliche Dankbarkeit des Beschenkten kann dadurch natürlich nicht erworben werden.

Das altruistische, wenn auch nicht vollständig selbstlose Handeln im Rahmen der Sozialisation leitet über zum vielleicht wichtigsten Ressort der Humankapitalbildung, der Charakterbildung. Darunter fällt eine Vielzahl von Begriffen: Herzensbildung, Lebensweisheit, Entfaltung von Tugenden, religiöse Bindung und Ähnliches. Solche Werte lassen sich kaum mit Geld erwerben, werden aber auch nicht durch knauseriges Verhalten gefördert. In einer häufig skrupellosen und unmoralischen Welt führen sie nur selten zu einer Steigerung des Arbeitseinkommens. Aber sie fördern die Selbstachtung und die Achtung durch Gleichgesinnte.

Charakterstärke bietet keinen Schutz vor materiellen Verlusten, wenn die Stürme der Inflation, des Staatsbankrotts und der Währungsreform das Vermögensschiff zum Kentern bringen. Aber auch die Charakterschwachen werden die sich anbahnenden Vermögensverluste kaum vermeiden und immer seltener mit Charakterlosigkeit Gewinne erzielen können. Die Menschen mit dem besten Bestand an Humankapital können dieses nicht nur über den Verlust von Geld und materiellen Gütern hinwegretten, sie besitzen auch die besten Voraussetzungen, nach der Stunde Null bestehen zu können, die mit der kommenden Währungsreform beginnt. Gerade dann sind die Menschen mit der höchsten Charakterbildung am nötigsten und wichtigsten.       

Bei dem Text handelt es sich um einen überarbeiteten Auszug aus dem soeben erschienenen Buch von Bernd-Thomas Ramb „Der Zusammenbruch unserer Währung“ (168 Seiten, Graphiken, gebunden), zu beziehen über Die Deutschen Konservativen e.V., Postfach 76 03 09, 22053 Hamburg, Internet: www.konservative.de

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