© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/10 11. Juni 2010

Frisch gepresst

Fallschirmtruppe. Zehn Jahre, von 1985 bis 1995, hat der Historiker und Brigadegeneral Günter Roth das Militärgeschichtliche Forschungsamt geleitet. Es ist von ihm daher nicht zu erwarten, daß er einem der Geßlerhüte der bundesdeutschen Geschichtsideologie nicht die Reverenz erwiese. So macht er gleich eingangs seiner mit einem abschreckend ungelenken Untertitel versehenen Darstellung über „Die deutsche Fallschirmtruppe 1936–1945“ (Der Oberbefehlshaber Generaloberst Kurt Student. Strategischer, operativer Kopf oder Kriegshandwerker und das soldatische Ethos. Würdigung. Kritik. Lektion. Verlag E. S. Mittler & Sohn, Hamburg 2010, gebunden, 288 Seiten, Abbildungen, Karten, 29,90 Euro) Klarschiff und schiebt dem Deutschen Reich die Alleinverantwortung an der „Entfesselung“ des Zweiten Weltkrieges zu. Das bleibt dann aber das einzige Ärgernis für den kritischen Leser. Ansonsten erwartet ihn Militärhistorie auf höchstem Reflexionsniveau. Kurt Student, den Chef der Fallschirmtruppe, immer wieder an den Leitideen der preußischen Kriegsphilosophie seit Scharnhorst und Clausewitz messend, kommt Roths Feinanalyse zu vernichtenden Resultaten, insbesondere was den blutigen Kamikaze-Einsatz der Eroberung Kretas im Mai 1941 betrifft. Daß auch Students oberster Kriegsherr bei Roth keine gute Figur macht, versteht sich, wenn man vielleicht auch hinsichtlich der Bedeutung von „Dünkirchen“ anderer Meinung sein darf, das für den General eine „Weltminute“ ist, in der Adolf Hitler militärisch wie politisch versagte und den Krieg bereits unwiderruflich verloren habe, als er das britische Expeditionskorps über See entkommen ließ.

 

Südafrika. Daß die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Kap der Guten Hoffnung seit Ende des Apartheid-Regimes nicht zum Besseren geraten sind, veranschaulicht auch die von der Journalistin Renate Wilke-Launer herausgegebene Sammlung von Aufsätzen, Reden oder Buchauszügen, die bekannte südafrikanische Journalisten und Wissenschaftler in der jüngsten Zeit veröffentlichten. Regierungskrititer wie Moeletsi Mbeki, Bruder des ehemaligen Premiers Thabo Mbeki, klagen umfassende Mißstände an, die infolge von Korruption, Vetternwirtschaft, Niedergang der Bildung, schwarzem Rassismus oder des lange vernachlässigten Aids-Problems trotz aller WM-Euphorie düster in die Zukunft blicken lassen. Dennoch muten einige Thesen verwegen oder naiv an, wenn beispielsweise Jonny Steinberg die während der Apartheid von den Weißen vernachlässigte Verbrechensbekämpfung in den Townships als Ursache für die heutige Kriminalität heranzieht (Südafrika. Katerstimmung am Kap. Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2010, broschiert, 249 Seiten, 24,90 Euro).

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