© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/10 18. Juni 2010

WIRTSCHAFT
Der Gesundheitsfonds verfehlt sein Ziel
Jens Jessen

Ende 2003 wiesen die Kassen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine Nettoverschuldung von sechs Milliarden Euro auf. 2007 erwirtschafteten sie einen Überschuß von 1,8 Milliarden Euro. Die Große Koalition bewertete dies als eine gute Grundlage für den Start des Gesundheitsfonds im Januar 2009. Er wurde 2008 als Heilsbringer für das Gesundheitswesen präsentiert, obwohl Ökonomen darauf hinwiesen, daß er Zahlungsströme verschleiert und für Erweiterungen offen ist, die zur Instabilität des Systems führen würden. Die Kritiker des Herzstücks des Wettbewerbsstärkungsgesetzes von 2007 trauen dem Fonds nicht zu, die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben der GKV zu schließen. Der demographische Wandel und medizinisch-technischer Fortschritt erhöhen kontinuierlich das Kassendefizit.

Schon 2011 wird das Gesamtdefizit der GKV auf elf Milliarden Euro steigen. Der Gesundheitsfonds kann die Ausgaben der Kassen nicht bedienen. Er ist ein bürokratisches Umverteilungsinstrument, das seinerseits erhebliche Kosten produziert. Flächendeckende Zusatzbeiträge von 15 bis 20 Euro pro Monat und Kassenmitglied werden nötig – oder der Ruf nach noch mehr Steuergeld wird laut. Dann wird das zu eng gestickte 80-Milliarden-Sparpaket geplündert. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) ist an den Koalitionspartnern mit der von ihm vorgelegten Gesundheitsreform gescheitert. Geblieben ist das weitere Bemühen, durch ein Arzneimittel-Sparpaket 1,5 bis zwei Milliarden Euro einzusparen. Bundeskanzlerin Angela Merkel freut das, doch sie demontiert Rösler munter weiter. Er wird dem Kabinett ein neues Konzept für die Reform 2011 vorlegen – falls er noch lange genug Bundesgesundheitsminister bleibt.

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