© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/10 18. Juni 2010

Das Recht auf unsinnige Rede
Staatsaffäre: Kloses „innerer Reichsparteitag“
Jan von Flocken

Herzlichen Glückwunsch, Genossen von der Political-Correctness-Front! Endlich durftet ihr wieder einen winzigen verbalen Schnitzer zur veritablen Staatsaffäre aufplustern. Was wäre wohl geschehen, wenn ZDF-Sportmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein den Torerfolg unseres Super-Miro statt eines „inneren Reichsparteitags“ zum Sowjetkongreß deklariert hätte? Mit Sicherheit überhaupt nichts.

 Denn merke: Das Grundgesetz garantiert unter anderem auch die Freiheit der Berichterstattung (Artikel 5 Absatz 1). Demgemäß darf jedermann sogar öffentlich Unsinniges äußern. Namentlich Politiker und Fernsehsender machen von diesem Privileg tagtäglich schonungslosen Gebrauch.

Frau Müller-Hohenstein wird freilich nun für ihren leicht holpernden Jubel-Vergleich von  schäumenden Gesinnungspolizisten und selbsternannten Sprachblockwarten durch das mediale Fegefeuer gejagt. Der Fall Eva Herman liefert das Vorbild für solcherart öffentlich-rechtliche Hinrichtungsszenarien.

Auch wenn die ZDF-Oberen nur wenige Stunden nach der Fußballübertragung zerknirscht  bedauerten und entschuldigten, ebenso die studierte Theaterwissenschaftlerin Müller-Hohenstein bereute – schon schäumen allerlei  Profilneurotiker im Internet von „Verharmlosung der Naziherrschaft“, „extremistischer Terminologie“ und fordern, „dieser Frau jegliche weitere Kommentierung“ zu untersagen. Denn die Gefahr ist nicht zu verkennen, daß KMH demnächst weitere hitlerfaschistische Begriffe wie Autobahn oder Muttertag in den Mund nimmt.

Warum schweigt eigentlich die feministische Fraktion zu diesem Kasus? Schließlich war vergangenen Sonntag bei der skandalträchtigen Äußerung Müller-Hohensteins die Torwartlegende Olli Kahn ihr Gesprächspartner, der keinerlei Empörung über den „inneren Reichsparteitag“ erkennen ließ. Ganz im Gegenteil erwiderte er darauf bezüglich des Treffers von Miroslav Klose: „Ja, das war für ihn eine Erlösung.“ Hier handelt es sich doch eindeutig um eine Diskriminierung der christlichen Glaubensgemeinschaft, indem Kahn einem schnöden Balltreter die Erlösungsmission Jesu Christi zugemessen hat. Besoldet das ZDF etwa keinen religiösen Sprachinquisitor in seinen Reihen?

Ginge es einigermaßen gerecht zu, dann müßten die berufsaufgeregten Tugendwächter Frau Müller-Hohenstein ein Dankschreiben offerieren. Schließlich bietet sich ihnen hier die erste Möglichkeit, den nationalbewußten deutschen  Fußballfreunden durch ideologische Maulklemmen den Genuß an der Weltmeisterschaft zu vergällen. Aber keine Sorge – das wird nicht gelingen. Schon gar nicht, wenn unsere Mannen weiter so blitzkriegsmäßig spielen wie gegen die Aussies. Da befällt doch den Zuschauer glatt Kraft durch Freude.

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