© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/10 09. Juli 2010

Kümmert euch um die Gefiederten!
Lebenselixier Wasser: Der Naturschutzbund Deutschland ruft dazu auf, Vogeltränken aufzustellen
Robert Backhaus

Man verdurstet viel früher, als man verhungert. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern für jede lebende Kreatur – auch für Fische, zumindest wenn sie im Salzwasser schwimmen. Dann müssen sie sogar ununterbrochen trinken, denn das Salz entzieht ihnen laufend Körperflüssigkeit, die ebenso laufend ersetzt werden muß.

Vögel sind etwas besser dran, aber auch sie brauchen in diesen heißen, trockenen Wochen viel Trinkwasser – und finden es immer seltener. Besonders die kleinen Sänger und Zirper in unseren Gärten stecken zur Zeit voll in der Bredouille. Pfützen und Tümpel sind längst ausgetrocknet, Flüsse oder Seen in der Regel weit weg. Deshalb jetzt der dringende Aufruf des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) an alle Garten- und Balkonbesitzer, Trinkwasserschalen für Singvögel aufzustellen. Motto: Bitte tut etwas für eure Finken, Meisen und Grasmücken, für eure Amseln und Dompfaffen!

Und bitte, fährt der Nabu fort, nehmt die Sache nicht auf die leichte Schulter! Reinigt die Schalen regelmäßig, füllt fleißig frisches Wasser nach! Sonst wird gewissermaßen der Teufel mit Beelzebub ausgetrieben: Der Durst geht, die Seuche kommt, es droht ein Massensterben. Stehendes Wasser verfault gegenwärtig außerordentlich schnell. Wer also den Vögeln helfen will, soll nicht nur einfach etwas hinstellen, sondern er soll sich echt kümmern. Er soll sich Zeit dafür nehmen beziehungsweise seine Nachbarn bitten, für ihn einzuspringen.

Die Botschaft ist vielleicht etwas unbequem in diesen Tagen der Urlaubsreisen und der Fußballbegeisterung. Man hat ja weiß Gott anderes am Hals, um das man sich kümmern muß, von der Hotelreservierung bis zum Bierkalthalten. Und gleichzeitig will man doch auch entspannen, will die sprichwörtlichen „schönsten Tage des Jahres“ richtig genießen. Der Durst der sonst so willkommenen, ja geliebten befiederten Gartenbewohner kommt an sich zur falschen Zeit.

Man bedenke aber: Notwendigkeiten kommen an sich immer zur falschen Zeit. Und der Einsatz für die durstigen Vögel, zu dem der Naturschutzbund so eindrucksvoll aufruft, ist tatsächlich schiere ökologische Notwendigkeit, niemand bestreitet das. Gärtner und Balkoniers sollten sich also ein bißchen am Riemen reißen. Genießen und Entspannen erhalten ja durch liebevolles Sich-Kümmern um andere eine zusätzliche Dimension der Befriedigung. Wir haben eine gute Tat vollbracht. Und der nächste Regen kommt bestimmt.

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