© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/10 23. Juli 2010

Volksabstimmung in Hamburg
Bürgeraufstand an der Elbe
Dieter Stein

Die Volksabstimmung über die von der schwarz-grünen Regierung der Hansestadt geplante sechsjährige Primarschule wurde zu einer schallenden Ohrfeige für das politische Establishment. In skandalöser Weise hatte die Regierung, unterstützt von staatsnahen Sendern, sogar Schulen und Lehrer gezwungen, sich als Propagandisten für das ideologische Prestigeprojekt mißbrauchen zu lassen.

Dem privaten Verein „Wir wollen lernen“ gelang es in atemberaubender Weise, das selten für Rebellentum bekannte bürgerliche Lager zu mobilisieren. Dabei zeigten die Hamburger in den letzten Jahren mehrfach den Willen zum Widerstand gegen den verkrusteten Parteienstaat. Hier reüssierte die aus Protest gegen die CDU gegründete Statt Partei, die 1993 mit 5,6 Prozent in die Hamburger Bürgerschaft einzog. Hier erreichte 2001 die rechtsliberale „Schill“-Partei aus dem Stand 19,4 Prozent und hob Ole von Beust (CDU) in den Sattel als Erster Bürgermeister.

Die stolzen Hamburger Bürger haben mit ihrem Nein zum sozialistischen Experiment der Einheitsschule den Willen zur Selbstverteidigung erkennen lassen. Sie reanimieren den Kernartikel des Grundgesetzes: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Ein Postulat, das in der Verfassungswirklichkeit zu selten erkennbar ist und in der repräsentativen Demokratie mit ihrem vielfältigen Filtersystem zu ersticken droht. Die Bürger haben jedenfalls die Nase voll von der staatlichen Gängelung, dem permanenten Herumexperimentieren an den Kindern. Experimente einer immer stärker von Kinderlosen geprägten politischen Klasse, die hochmütig glaubt, der Staat könne die Familie ersetzen.

Ein von der Volksabstimmung erschütterter linker Journalist der taz stellt fest: „Das Resultat vom Sonntag hat damit die Stärke nationaler Traditionen gezeigt, wie irrational sie auch immer sein mögen.“ Die Bürger haben jedoch gerade rationale Vernunft walten lassen, als sie ihren Wunsch artikulierten, das – inzwischen nicht nur in Norddeutschland durch „Reformen“ bedrängte – bewährte deutsche Schulsystem zu verteidigen. Was soll das Schlechtreden des dreigliedrigen Schulsystems? Das deutsche Gymnasium war einst Weltspitze, um das wir beneidet wurden! Die Pisa-Tests zeigen zudem regelmäßig erfrischend deutlich, daß die roten „Reform“-Länder des Nordens Schlußlicht sind!

„In keinem Land ist der Bildungserfolg so sehr von der sozialen Herkunft abhängig wie in Deutschland“, beklagt jetzt ausgerechnet die FAZ und fordert, daß sich dies ändern müsse. Völlig falsch. Das bewährte Schulsystem ist durchlässig für den sozialen Aufstieg. Dafür ist aber Leistungswille erforderlich. Es ist dabei gerade die Leistung von Familien, es zu etwas gebracht, einen höheren sozialen Status erreicht zu haben. Dazu gehört, schon zu Hause für Erziehung und Bildung zu sorgen. Es kann deshalb nicht überraschen, daß Kinder aus verächtlich „bessere Kreise“ genannten Familien es im Zweifel weiter bringen werden. Wer dies ändern will, muß die Familien zerstören. Linke Politik ist auf dem besten Weg, dieses Ziel zu verwirklichen. Dagegen haben die Hamburger Bürger aufbegehrt – und das ist auch gut so.

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