© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/10 23. Juli 2010

Aufgeschnappt
Messer-Nazis im Revier
Matthias Bäkermann

Die Personenbeschreibung hätte aus dem Antifa-Wachsfigurenkabinett der neunziger Jahre stammen können, die ein 17jähriger der Feuerwehr in Herne am vergangenen Samstag gegen 23.35 Uhr über die Notrufnummer 112 meldete: kahl rasierte Köpfe und Springerstiefel. Mehrere dieser Unholde seien auf ihn zugekommen und hätten gefragt, ob er denn Türke sei. Die Auskunft, daß er Italiener wäre, besänftigte die Ausländerfeinde kaum. Ein in die Rippen gerammtes Messer sei die brutale Antwort der Kahlköpfe gewesen.

Sofort wird die Bochumer Kriminalpolizei aktiv und untersucht den Fall noch einmal genauer. „Es dauert auch nicht lange, bis man die Wahrheit ermittelt hat“, verkünden die Beamten mit gewissem Stolz. Der Verletzte hatte offenbar mit seinen „Kumpels“ am frühen Abend übermütig mit Taschenmessern herumhantiert und wurde dabei von einem Freund verletzt. Nachdem seine Wunde verbunden ist, zieht die Gruppe weiter und bekommt Streit mit einer anderen Gang: „Aber das sind auch keine Nazis“, gibt die Pressemeldung wieder. Gegenüber der JF erörtert Polizeisprecher Frank Plewka – spürbar um eine politisch korrekte Erklärung bemüht –, daß man das schnell „verifizieren“ konnte: „Wenn Ausländer gegen Ausländer kämpfen, liegt der Verdacht wohl nicht nahe“, gibt Plewka schließlich Auskunft.

Der Disput der jungen Migranten wird jedenfalls schnell körperlich, den 17jährigen trifft ein Tritt gegen seine frische Stichwunde. Der blutende Bauch animiert schließlich zum Notruf und seiner Neonazi-Räuberpistole. Letztere zieht nun strafrechtliche Ermittlungen wegen des Vortäuschens einer Straftat nach sich.

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