© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/10 13. August 2010

Schwule Flamingos
Hessen: Kontroverse um geplante Homo-Segnung
(idea)

Für Diskussionen sorgt die geplante Segnung eines homosexuellen Paares im mittelhessischen Dillenburg. Stadtverordnetenvorsteher Klaus-Achim Wendel (CDU) will am 3. September mit seinem Lebenspartner vor den Altar der evangelischen Stadtkirche treten.

Die Segenshandlung wird Pfarrerin Ulrike Schmidt vornehmen. Kritik kommt vor allem aus pietistischen Kreisen, die eine solche Handlung für unvereinbar mit biblischen Aussagen halten. Ende vergangenen Jahres hatte der Kirchenvorstand der Dillenburger Stadtkirchengemeinde beschlossen, daß homosexuelle Partner im Gottesdienst gesegnet werden können. Der Vorsitzende des Gremiums, Karl Ludwig Gottwald, nimmt in der jüngsten Ausgabe des Gemeindebriefes zu dem Thema Stellung. Zuvor sei in einigen Anrufen und Zuschriften Unmut über den Beschluß geäußert worden. Aufgrund der Entscheidung hätten sich „einige“ Mitglieder umgemeinden lassen, sagte die stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende Ursula Krug-Richter auf idea-Anfrage.

Wie es in dem Beitrag Gottwalds heißt, biete die Bibel keine geeignete Grundlage, um zum Thema Homosexualität aussagekräftig argumentieren zu können. Aufgrund neuer medizinischer Erkenntnisse könne man Homosexualität als Schöpfungsvariante nicht mehr ausschließen. Sie komme auch im Tierreich vor – sogar vor der eigenen Haustür: „Im Vogelpark Uckersdorf haben wir ‘schwule Flamingos’, die Kropfmilch bilden und junge Flamingos großziehen können.“ Gottwald: „Sollte Gott einen Fehler gemacht haben, als er ‘schwule Flamingos’ geschaffen hat – wenn schwul nicht sein darf? Oder ist unsere Vorstellung falsch, daß ‘schwul’ nicht sein darf? Wenn es Gottes Schöpfung ist, dann darf das sein!“

„Peinliche“ Argumentation

In einem Kommentar der Wetzlarer Neuen Zeitung wurde Kritik daran geübt, daß als letztes Argument für die Homo-Segnung die mutmaßlich homosexuellen Flamingos „Siegfried“ und „Roy“ herhalten müßten. Dafür bleibe nur ein Wort: „Peinlich!“ Auch der frühere Dekan des Dekanats Dillenburg, Pfarrer i.R. Dietrich Eizenhöfer, hält den Bezug auf die Tierwelt für unpassend: „Oder können reißende Raubtiere begründen, daß Menschen – als Schöpfungsvariante – ein Recht hätten, sich wie Raubtiere aufzuführen, was ja laufend geschieht?“ Die Segnung homosexueller Lebenspartnerschaften sei eine „Anbiederung an den Zeitgeist und an gesellschaftliche Verhaltensweisen“, schreibt der Theologe in einem Leserbrief.

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