© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/10 27. August 2010

Ärger im Dreivierteltakt
HC „Strauss“
Ernst Brandl

Wo sonst außer in Wien hängt der „Himmel voller Geigen“, und wo sonst entzücken beim Neujahrskonzert die Wiener Philharmoniker ein weltweites Milliardenpublikum mit Polka, Walzer und Operette? Nun lebt es sich aber auch in Wien nicht nur im Dreivierteltakt. Derzeit etwa, da serviert man den Wienern gerade einen Wahlkampf der besonderen Art. Die SPÖ unter ihrem Langzeitbürgermeister Häupl hat nämlich das „rote Wien“ zu verteidigen, und die Medien trommeln bereits zur „Schlacht um Wien“. Für den ersten Aufreger sorgten freilich einmal mehr die FPÖ-Werbestrategen rund um HC Strache. „Mehr Mut für unser ‘Wiener Blut’ – Zuviel Fremdes tut niemandem gut“, ließ der FPÖ-Chef seine Mannen dichten und tausendfach in der Donaustadt plakatieren. Die Reflexe funktionierten: Als „xenophob“ bis „hetzerisch“ wertete die SPÖ die Tat, die Grünen forderten gar gleich ein Verbot des Sujet. An der schönen blauen Donau fackelt man nicht lange, schließlich ist das Wiener Blut ein „Saft voller Kraft, voller Glut“, wie in der gleichnamigen Operette von Johann Strauss (Sohn) so kokett besungen. In Wien gerät also selbst die Politik zur Operette. Übrigens: Die Uraufführung  geriet 1899 trotz der eingängigen Strauss’schen Walzermelodien zum Fiasko. Der Veranstalter machte damals pleite und entschied sich für einen theatralischen Abgang  (Freitod). Was den Parteien nach der Wahl am 10. Oktober droht, ist noch offen.

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