© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/10 10. September 2010

Frisch gepresst

Ernst Wiechert. Der Erfolgsautor Ernst Wiechert (1887–1950) mußte sich zunächst zwanzig Jahre als „Steißtrommler“, als Lehrer am Königlichen Hufengymnasium in Königsberg und nach seiner Umsiedlung am Berliner Kaiserin-Augusta-Gymnasium verdingen, bevor er vom Ertrag seiner Feder leben konnte. Er gehörte schließlich zu den meistgelesenen Autoren der dreißiger Jahre, seine Werke erreichten Millionenauflagen. Während seiner „Inneren Emigration“ im Dritten Reich überschattete sein Leben und Schaffen – nicht zuletzt seit seiner mehrwöchigen KZ-Haft in Buchenwald 1938 – immer die Willkür des Systems, „und zwar auf Lebenszeit und mit dem Ziel Ihrer physischen Vernichtung“, wie Goebbels ihm bei Wiederinhaftierung androhte. Über seinen nicht ganz freiwilligen Abschied aus dem Königsberger Schuldienst (1930) unterrichtet aufgrund neuer Quellenfunde einer der Beiträge, die im vierten, von der Internationalen Ernst-Wiechert-Gesellschaft herausgegebenen Sammelband „Ernst Wiechert im Gespräch“ halten wollen (Begegnungen und Einblicke in sein Werk, ediert von Leonore Krenzlin und Klaus Weigelt. Walter de Gruyter Verlag, Berlin 2010, gebunden, 301 Seiten, 79,95 Euro). Das breite Themenspektrum berücksichtigt „Das Bild des Lehrers“ im Werk des Ostpreußen, untersucht seine Beziehung zu Thomas Mann wie zu anderen „Schriftstellerkollegen seiner Zeit“ und fragt nach „Katholischem bei Ernst Wiechert?“

 

Clara Viebig. Als an Emile Zola geschulte Verfasserin realistischer Heimatromane ist die 1860 in Trier geborene Clara Viebig als „deutsche Zolaide“ um 1900 zu großem  Ruhm und Geld gekommen, auch wenn die katholische Kirche ihren etwas zu frauenbewegten Durchbruchsroman „Das Weiberdorf“ auf den Römischen Index, das „Verzeichnis der verbotenen Bücher“, setzte. Lange bevor sie aufgrund ihrer Ehe mit einem jüdischen Verleger nach 1933 zur Unperson wurde, war es um die Frau, deren Geschichten die Eifellandschaft zur „Literaturregion“ adelten, sehr still geworden, und nach 1945 verbanden allenfalls einige Literaturhistoriker noch etwas mit dem Namen der 1952 in Berlin verstorbenen Autorin. Zu ihren heute noch lesbarsten Romanen zählt „Das schlafende Heer“ (1904), das den „Volkstumskampf“ in der preußischen Provinz Posen zur Wilhelminischen Zeit thematisiert. Charlotte Marlo Werner erinnert mit einer kleinen, etwas sprunghaften Biographie, der sie die Inhaltsreferate der erfolgreichsten Texte Viebigs anfügt, an diese literarische Fließbandarbeiterin (Schreibendes Leben. Die Dichterin Clara Viebig. MEDU Verlag, Dreieich bei Frankfurt/Main 2010, broschiert, 319 Seiten, Abbildungen, 16,95 Euro).

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