© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/10 01. Oktober 2010

Meinungsumfragen
Die Grünen heben ab
von Oswald Metzger

Die Grünen verdanken ihr Hoch zwei Umständen. Sie sind in ihrer Streitkultur so geräuschlos geworden, daß Grün inzwischen für Eintracht steht. Die bürgerliche Konkurrenz sät dagegen laufend Zwietracht, die SPD leidet unter Sarrazin und die Linke ist mit Klaus Ernst und sich selbst beschäftigt. Vor allem aber mobilisiert die verkorkste AKW-Laufzeitenverlängerung von Union und FDP die grüne Widerstandsseele. Die Anti-AKW-Stimmung im Land treibt den Grünen weitere bürgerliche Wähler in den Schoß. Wenn dann die Kanzlerin im Bundestag erklärt, die Landtagswahl in Baden-Württemberg quasi zur Volksabstimmung über das umstrittene Großprojekt Stuttgart 21 umfunktionieren zu wollen, dann überflügeln die Grünen im Ländle sogar die an diesem Punkt irrlichternde SPD.

Dämonisieren läßt sich die Aufsteiger-Partei auch nicht mehr: dank Schwarz-Grün in Hamburg und Jamaika im Saarland. Entzaubern lassen sich die Grünen nur, wenn man sie an ihrem Nachhaltigkeitspostulat mißt: beim Rückbau des Sozialstaats und beim Abbau der Staatsverschuldung. Doch hier gerieren sie sich programmatisch vor allem als Volksbeglücker – im Überbietungswettstreit mit der Linkspartei.

 

Oswald Metzger, heute CDU, war von 1987 bis 2007 Mitglied der Grünen und vertrat die Partei als Landtags- und Bundestagsabgeordneter. 

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