© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/10 01. Oktober 2010

Protest gegen Salafisten
Nordrhein-Westfalen: Widerstand gegen geplante Islamschule wächst
Jens Boye Volquartz

Vor dem kleinen Stand in der Fußgängerzone in Mönchengladbach-Eicken drängen sich an diesem sonnigen Samstagmittag die Menschen. Auf dem Tapeziertisch, der unter einem grünen Gartenpavillon aufgebaut ist, liegen Flugblätter und Broschüren mit Titeln wie „Was ist Salafismus?“ aus. Schnell kommen die Mitglieder vom Verein „Bürger für Mönchengladbach“ die das Material verteilen, mit den Passanten ins Gespräch, von denen sich viele in die ausliegenden Unterschriftenlisten eintragen.

Seit August tobt in Mönchengladbach-Eicken ein Streit um eine von fundamentalistischen Moslems geplante Islamschule. Der Verein, auf dessen Initiative die in einem schlichten Geschäftshaus untergebrachte Moschee in der Eickenerstraße um eine solche Schule erweitert werden soll, nennt sich „Einladung zum Paradies“ (EPZ) und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Bekanntester Kopf der salafistischen Gruppe ist der durch zahlreiche Fernsehauftritte bekannte Konvertit Pierre Vogel (JF 14/10).

Den Anfang nahm der Konflikt in Braunschweig, wo der Salafist Muhamed Ciftci im Jahr 2007 eine Islamschule gründete, die sich an dem Lehrplan der Universität in Medina orientierte. Mitte dieses Jahres wurde durch ein im

Internet veröffentlichtes Video bekannt, daß die Schule nach Mönchengladbach umziehen will. Dort steht im Stadtteil Eicken bereits seit fünf Jahren eine Moschee, die der Verein „Einladung zum Paradies“, der zu einem großen Teil aus deutschen Konvertiten besteht, für die Braunschweiger Islamschule erweitern möchte. Offenbar versuchte der Verein damit, dem Verfassungsschutz Niedersachsens zu entgehen.

Von der Politik im Stich gelassen

Anfang August jedoch informierte die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde ihre Kollegen in Nordrhein-Westfalen darüber, daß der Verein den Umzug seiner Islamschule vorbereite und in Mönchengladbach bereits mit den Umbauarbeiten begonnen habe. Daraufhin untersagte die städtische Baubehörde nicht nur die Nutzung des Objektes in Eicken, sondern auch alle weiteren Bauarbeiten, da für diese keine Genehmigung durch die Stadt vorlagen.

Dennoch wurde das Gebäude offenbar weiterhin zu Gebets- und Versammlungszwecken genutzt. Daraufhin versiegelte die Baubehörde die Räume. Nachdem der Verein erfolglos gegen die Schließung der Moschee geklagt hatte, rief der Verein seine Anhänger dazu auf, jeden Freitag öffentlich auf dem Eickener Marktplatz zu beten, bis „die Stadt die Moschee wieder zur Nutzung freigibt“.

Nicht erst seit den medienwirksamen öffentlichen Gebeten formiert sich in Mönchengladbach der Widerstand gegen die salafistische Islamschule. Ende August gründeten 200 aufgebrachte Eickener Bürger den Verein „Bürger für Mönchengladbach“ unter der Leitung des Juristen und Theologen Wilfried Schultz. Die Bewegung organisierte seitdem mehrere Demonstrationen und Informationsveranstaltungen. Zudem wurden bislang mehr als 3.000 Unterschriften gegen die Islamschule gesammelt. Mit dem Motto „Multi-Kulti: Ja! Salafisten: Nein!“ grenzt sich die Bürgerinitiative deutlich von anderen islamkritischen Organisationen wie etwa Pro NRW ab, mit denen eine Zusammenarbeit abgelehnt wird. Pro NRW nennt dies „bedauerlich“, und ruft für den 9. Oktober gemeinsam mit den Republikanern und „weiteren islamkritischen Gruppen“ ihrerseits zu einer Großdemonstration auf.

Die Mitglieder „Bürger für Mönchengladbach“ versammelten sich unterdessen am vergangenen Freitag zu einer erneuten Kundgebung auf dem Eickener Marktplatz. Die Teilnehmer wirken hochmotiviert und entschlossen, die Islamschule mit allen Mittel der Demokratie zu verhindern. Von der Politik fühlen sich jedoch viele im Stich gelassen und berichten, daß die Salafisten auch vor verbalen Angriffen, telefonischen Drohungen und anderen Provokationen nicht zurückschrecken. Vor allem Frauen berichten immer wieder aufgebracht, daß sie als „Sexobjekt“ oder „Nazi-Schlampe“ beschimpft würden.

Von der Polizei sei man enttäuscht, da man beispielsweise von den Ordnungshütern aufgefordert werde, sich während der öffentlichen Gebete der Salafisten leise zu verhalten. Gleichzeitig werde aber nicht gegen Provokationen der Islamisten eingeschritten. Eine dieser typischen Provokationen und Einschüchterungen sei, daß die Islamisten permanent jeden filmen oder fotografieren, der sich ihnen während ihrer Gebete oder ähnlichen Veranstaltungen nähert.

 

Salafismus: Der Salafismus ist eine fundamentalistische Strömung des Islam, deren Anhänger teilweise weniger orthodoxe Moslems als „Ungläubige“ bezeichnen. Für die Salafisten gelten nur die Quellen aus der Zeit Mohammeds und der drei nachfolgenden Generationen. Sie treten für die Scharia ein, streben einen islamischen Gottesstaat an und stellen sich damit gegen das Grundgesetz. Nach Ansicht des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen geht von dieser radikalen Form des Islams ein großes Sicherheitsrisiko aus, da sie den „geistigen Nährboden für Terroristen“ bereite. In Deutschland bekennen sich viele Konvertiten zum Salafismus.

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