© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/10 01. Oktober 2010

Frisch gepresst

Frankfurter Schule. Rolf Wiggershaus gilt als „der Mann des einen Buches“, nämlich des dicken, als dtv-Band seit über zwanzig Jahren unters Seminarvolk gestreuten Standardwerkes über die „Frankfurter Schule“. Daraus dann immer wieder zu extrahieren und mal „Horkheimer zur Einführung“, mal Habermas bei RoRoRo anzubieten, dürfte ihm so leicht gefallen sein wie die jetzt präsentierte, reich bebilderte Kurzfassung über die „intellektuellen Gründer“ der BRD und deren 1924 in Frankfurt am Main eröffnetes Institut für Sozialforschung als Zentrum, die er wiederum in der RoRoRo-Reihe der Bildbiographien vorlegt. Der Leser hat nun Theodor Adorno, Herbert Marcuse, Erich Fromm oder Jürgen Habermas, bei dem Wiggershaus 1974 promovierte, und ihre kritischen theoretischen Ansätze gegen die „Merkmale des faschistischen Charakters“, die freilich bei Familie und Autorität anfangen und bei den „Mittelschichten-Werten“ wie Ordnung, Sauberkeit noch lange nicht aufhören, in handlichem Format für stille und mobile Orte.

Rolf Wiggershaus: Die Frankfurter Schule. Rowohlt Verlag, Reinbek 2010, broschiert, 160 Seiten, 8,95 Euro

 

Verwöhnt. Gemeinsam mit seiner Frau hatte der Pädagoge und Psychologe Reinhold Ruthe einst die erste „Eheschule“ in Deutschland gegründet. Seither hat er ungezählte Hilfesuchende seelsorgerisch beraten – und mittlerweile über hundert Bücher veröffentlicht. Sein jüngster Band widmet sich einer heute von der etablierten Pädagogik weitgehend unterschlagenen „Erziehungssünde“ – der Verwöhnung, die oft mit einer emotionalen Vernachlässigung einhergehe. Paradoxe Kräfte seien am Werk: Einerseits zerren wirtschaftliche Kräfte am Zeitbudget der Eltern und werden Erziehungsaufgaben zunehmend verstaatlicht. Andererseits resultiert aus diesem Zeitmangel oft ein schlechtes Gewissen und konzentriert sich die elterliche Aufmerksamkeit heute auf wenige Kinder, oft auf ein einzelnes, dem man möglichst viel „gönnen“ will. Klar gegliedert und orientiert an konkreten Fällen legt Ruthe dar, wie durch elterliche Konsequenz und ermutigende Erziehung selbständige Kinder aufwachsen können, ohne daß den lieben Kleinen alle Wünsche von den Augen abgelesen werden.

Reinhold Ruthe: Verwöhnt – bestraft fürs Leben. Brunnen Verlag, Basel 2010, gebunden, 142 Seiten, 9,95 Euro

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