© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/10 08. Oktober 2010

Nach dem Schleier kommt die Scharia
Alice Schwarzer schwant, daß in einer islamisierten Gesellschaft die Emanzipation der Frauen kein Zukunftsthema ist
Fabian Schmidt-Ahmad

Es ist ein seltsamer Anblick, wie sich selbst als fortschrittlich betrachtende Gruppen einer Islamisierung in Deutschland den Weg bereiten, obwohl dies unzweifelhaft ihr eigener Untergang ist. Gleichsam Sinnbilder einer den eigenen Tod herbeisehnender Dekadenz, bejubeln homosexuelle oder feministische Lobbyisten den gesellschaftlichen Wandel, der zwar von den „Zwängen der deutschen Gesellschaft“ befreit, aber nur das fiktive gegen ein sehr reales Joch der Unterdrückung eintauscht. Das große Verdienst von Alice Schwarzer ist es, aus dieser Logik der Extermination auszubrechen.

Schon frühzeitig, als Schwarzer im Zuge der Revolution gegen das Schah-Regime 1979 den Iran bereiste, wies sie auf die Gefahren des wiedererstarkenden Islam hin. Vor allem in den letzten Jahren, da auch hierzulande eine wachsende Ausbreitung und Zersetzung der Gesellschaft durch das Regelwerk der islamischen Sozialordnung immer deutlicher wird, ist hierzu in der Zeitschrift Emma eine Reihe grundlegender Texte erschienen. Sinnfällig wird für Emma-Chefin Schwarzer die Islamisierung dabei in der Ausbreitung des islamischen Frauenschleiers.

„Die große Verschleierung“ ist entsprechend ein Wortspiel – zum einen für die im Straßenbild immer deutlicher werdende Dominanz des Islam, zum anderen aber auch die gezielte Verschleierung der Tatsache, daß es sich dabei um einen Angriff auf unsere Gesellschaftsordnung handelt. Die Aufsatzsammlung gliedert sich in fünf Abschnitte. Im ersten Teil kommen Autorinnen zu Wort, die anhand von Fallbeispielen einen Überblick über den augenblicklichen Stand der Entwicklung in Mitteleuropa verschaffen.

Im zweiten Teil kommen islamische Frauenrechtlerinnen wie Necla Kelek zu Wort, welche die Türkei in ihrer tatsächlichen Entwicklung besser beschreibt, als es die vielen Hochglanzbroschüren der Europäischen Union vermögen. So heißt es über die Islamisierung des Landes: „Ganze Branchen wurden von den Islamisten vereinnahmt. (…) Sie sind in einem von der AKP-Regierung finanzierten Unternehmerverband organisiert und finanzieren ihre Geschäfte über eigene Banken.“

Den Höhepunkt des Buches stellen zweifelsohne die Berichte über islamische Konvertiten im dritten Teil der Textsammlung dar. Es sind dies vom Informationsgehalt wichtige Artikel über zum Islam konvertierte Funktionäre, die in der Öffentlichkeit als prominente „Brückenbauer“ erscheinen, oftmals aber wohl eher zur Befestigung eines islamischen Brückenkopfes installiert wurden. Daneben sind es aber vor allem die Biographien von Konvertitinnen, die einem ausgesprochen wertvolle Einblicke verschaffen.

Was bringt europäische Frauen dazu, ihre persönlichen Freiheiten aufzugeben? Ist es bloße Naivität und Unkenntnis über den Islam? „Wir wissen es nicht“, schreibt Cornelia Filter. „Aber wir wissen, daß in Kreisen von Islamisten die Heirat mit einer Deutschen als sicherer Weg zum Aufenthaltsstatus gilt.“ Und noch mehr ist bekannt. So zeigt die Autorin auf, daß man in der Vergangenheit bei islamischen Konvertitinnen nicht selten Fälle sexuellen Mißbrauchs findet. Der Mensch ist eben ein vielschichtiges Wesen, und was äußerlich als pure Dummheit erscheinen mag, verbirgt manchmal ein tragisches Schicksal. Der vierte und fünfte Abschnitt beschäftigt sich mit der weit vorangeschrittenen Islamisierung in Frankreich beziehungsweise den islamischen Ländern selbst.

Doch bei allem lobenswerten Engagement muß man deutlich festhalten, daß Schwarzer über die empirische Beschreibung hinaus nichts Fruchtbares geben kann. So phantasierte sie schon vor dreißig Jahren, daß man über das Verhältnis der Geschlechter „in Tehe-ran nicht anders als in Bonn“ sprechen würde. Es ist der aus ideologischer Blindheit erzeugte Haß auf die eigene Kultur, welche diese groteske Gleichsetzung von europäischer und islamischer Kultur ermöglicht. Eine Blindheit, die übersieht, daß sie und andere Frauen es waren, die dem Islam überhaupt erst Tür und Tor geöffnet haben.

„Nicht die islamistischen Terroristen“ seien das Problem, stellt Schwarzer fest. „Das wahre Problem ist die systematische Unterwanderung unseres Bildungswesens und Rechtssystems mit dem Ziel der ‘Islamisierung’ des Westens, im Klartext: die Einführung der Scharia mitten in Europa.“ Ja, aber warum ist das so einfach möglich? Hat es vielleicht etwas damit zu tun, daß es keine Kinder für unsere Schulen gibt und keine Männer, die Recht und Gesetz verteidigen? Wenn das kinderlose Mütterchen der Emanzipation eines Tages von muslimischen Männern ins Altersheim geführt wird, kann es sich ja diese Fragen stellen.

Alice Schwarzer (Hrsg.): Die große Verschleierung. Für Integration, gegen Islamismus. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010, 272 Seiten, broschiert, 9,95 Euro

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