© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/10 08. Oktober 2010

Frisch gepresst

Israel. Israel ist wahrscheinlich der einzige westliche Staat, in dem links zu sein noch einen gewissen Mut erfordert. In diesem Sinne hat Moshe Zimmermann ein mutiges Buch geschrieben.

Seine Kernthese: „Die israelische Gesellschaft, die die existentielle Angst zum obersten Gebot machte, hat deshalb viele ihrer Hemmungen verloren.“ Die Verrohung der Gesellschaft, die unverhohlene Apartheid – das alles sieht der Jerusalemer Historiker als größtes Hemmnis einer friedlichen Lösung der Nahost-Frage.

Daß es gerade der Deutschland-Kenner als Unsinn abtut, jeder Kritik an der israelischen Politik pauschal mit dem Antisemitismus-vorwurf zu begegnen, hebt das Buch wohltuend von manch verdruckster Veröffentlichung hiesiger Provenienz ab. Nebenbei zieht Zimmermann dabei noch gegen den – wie er es nennt – „Mythos vom Militär als der zentralen Ikone des Zionismus und des Staates Israel“ zu Felde, etwa indem er vorrechnet, daß nur noch 52 Prozent eines Jahrgangs den Wehrdienst ableisten. Dennoch, so beklagt der Autor, habe das Militär noch immer überproportional viel Einfluß und dominierten militärische Werte die „Zivilgesellschaft“.

Moshe Zimmermann: Die Angst vor dem Frieden. Das israelische Dilemma. Aufbau Verlag, Berlin 2010, broschiert, 152 Seiten, 14,95 Euro

 

Polynesien. Nicht nur in der Kalahari in Deutsch-Südwest (Hererokrieg) oder im Süden von Deutsch-Ostafrika (Maji-Maji-Aufstand) zeigte der kaiserliche Kolonialismus seine häßliche Fratze, sondern auch in der Südsee. Darauf will Thomas Morlang in seiner Arbeit über den weitgehend unbekannten Aufstand der Sokehs auf der entlegenen, etwa dreißig Kilometer im Durchmesser zählenden Karolineninsel Ponape 1911 hinweisen. Auch wenn „im Krieg gegen die Deutschen mit sechs bis zehn Toten nur vergleichsweise wenige Opfer zu beklagen waren“, wie der Autor im Vorwort konstatiert, müht Morlang sich redlich, die im Zusammenhang mit der Ermordung von vier deutschen Kolonialbeamten und fünf mikronesischen Vorarbeitern 1910 stehende „Strafverfolgungsmaßnahme“ in den Ruch von Völkermord zu setzen. Immerhin, so darf der Autor seine Thesen über die „grausamen Räuber, die wir waren“, natürlich auch in der Zeit (39/10) breittreten, wurden später von den 36 Angeklagten 17 zum Tode verurteilt, 450 andere auf eine größere Insel im Palau-Archipel verbannt.

Thomas Morlang: Rebellion in der Südsee. Der Aufstand auf Ponape gegen die deutschen Kolonialherren 1910/11. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, broschiert, 200 Seiten, Abbildungen, 24,90 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen