© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/10 15. Oktober 2010

Blick in die Medien
Kolumne
Ronald Gläser

Regelmäßig kommen Buchneuerscheinungen auf den Markt, die mit der klassischen Medizin ins Gericht gehen. Sie tragen Titel wie „Fragwürdige Therapien und wie Sie sich davor schützen können“ oder „Die Wahrheit über die Gefahren der modernen Medizin“. Viele Leser lieben diese Art von Enthüllungsbüchern. Die Nachfrage nach diesem Genre ist da.

Trotzdem sollten sich Buchhändler genau überlegen, ob sie sich so einen Titel ins Sortiment legen. Es schreckt nämlich eine Berufsgruppe ab, die ausgesprochen allergisch auf diese Art von „Enthüllungsliteratur“ reagiert: die Ärzteschaft. 

„Andere Berufsgrupen stecken öffentliche Schmähungen leichter weg als Mediziner.“

Ich kenne einen Buchversand im Rheinland, der in seinem Katalog auch das Buch „Wie Sie Ihren Arzt davon abhalten, Sie umzubringen“ von Vernon Coleman gelistet hatte. Waschkörbeweise kamen Protestbriefe. Der Buchhändler reagierte umgehend und verschickt ärztekritische Werbebroschüren jetzt nur noch an Personen, die keinen Doktortitel führen. Die moderne Datenverarbeitung macht’s möglich.

Tatsache ist, daß Ärzte empfindlicher als andere Berufsgruppen auf Kritik reagieren. Andere Berufsgruppen, die viel kritisiert werden wie Lehrer, Politiker oder Banker stecken die Schmähungen der Öffentlichkeit leichter weg als Ärzte.

An diesem Freitag nun erreicht die Empörung der Ärzte einen neuen Höhepunkt: Ärztevertreter haben dazu aufgerufen, sämtliche Zeitungsabonnements zu kündigen, weil über sie ständig falsch berichtet wird. Der Auslöser war ein Bericht in der Tageszeitung Die Rheinpfalz, die mit einem Bericht über Ärztehonorare den Zorn der Mediziner auf sich gezogen hat.

Auch wenn die Kritik der Ärzte sachlich richtig ist: Mit diesem Boykottaufruf gegen sämtliche Zeitungen werden sie nicht viel erreichen, eher bringen sie die Journalisten noch zusätzlich gegen sich auf.

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