© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/10 15. Oktober 2010

Meldungen

Schattenseiten des kooperativen Forschens

GÖTTINGEN. Analog dem Aufwand für naturwissenschaftlich-technische „Großforschungs“-Projekte wie bei der Internationalen Raumstation (ISS) sollte aus US-Sicht auch die Geisteswissenschaft gefördert werden, deren Zukunft in den „Big Humanities“ liege. In den USA wurde diese Form großzügig finanzierten, langfristigen und kooperativen Forschens in diesen Disziplinen tatsächlich kaum institutionalisiert. Den US-Amerikanern, so der Literaturhistoriker Carlos Spoerhase (Geschichte der Germanistik, 37/38-2010), sei in ihrem Enthusiasmus für eine vermeintlich innovative Organisationsform indes entgangen, daß sie in der preußisch-deutschen Wissenschaftskultur seit 1870 zum Alltag gehöre. Selbst die „Exzellenzcluster“ der DFG stünden in dieser Tradition. Bei uns müsse man also über die Etablierung solcher Großforschung nicht nachdenken, sondern vielmehr darüber, wie diese „Kooperationskultur“ das Forschen verändere. Mit „Entindividualisierung und Kollektivierung“ würden deren Schattenseiten inzwischen sichtbar, wie der Altphilologe Hermann Diels bereits 1912 wußte: „Das geniale Werk liebt die Einsamkeit“. (wm)

 

Nicht deckungsgleich: Konservativ und christlich

FREIBURG. Die ausgerufene „Stunde der Konservativen“ könne schwerlich verdecken, daß hier nur „ein blasser Allerweltsbegriff“ durch die Gazetten geistere. „Konservativ“, so Ulrich Ruh in den katholischen Stimmen der Zeit (Heft 9/2010), tauge nicht zur politischen Mobilisierung, weil Deutschland „flächendeckend und selbstverständlich konservativ geprägt“ sei. Denn die „allermeisten unserer Zeitgenossen“ hielten das Bestehende, von den sozialen Sicherungssystemen bis zum kulturellen Überangebot, „grundsätzlich für bewahrenswert“. Wer sich inmitten dieses Klimas „emphatisch konservativ“ positionieren wolle, werde es „unvermeidlicherweise schwer haben“. Insoweit müßten die etablierten Parteien auch wenig Rücksicht auf eine „ausgeprägt konservative Restwählerschaft“ nehmen. Und vor allem die CDU brauche ihr christliches Profil keineswegs zu schärfen. Kirchen seien keine Vereine zur Traditionspflege, christlich und konservativ mitnichten deckungsgleich. Zum christlichen Glauben gehöre ein „Überschuß“, der sich nicht mit „konservativer Starrheit“ vertrüge. (ob) www.stimmen-der-zeit.de

 

Erste Sätze

Dieses Buch ist ein Buch der Erinnerungen, es ist keine Geschichte.

Felix Gilbert: Lehrjahre im alten Europa, Berlin 1989

 

Historisches Kalenderblatt

15. Oktober 1935: In einem Aufruf beklagt der Polizeipräsident von Nürnberg, Bruno Martin, daß fast die Hälfte aller Autounfälle auf zu schnelles Fahren zurückzuführen seien. Er werde in Zukunft nicht zögern, zu schnelle Autofahrer für mehrere Monate in Konzentrationslager einzuweisen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen