© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/10 22. Oktober 2010

GEZ plant den Griff in viele Firmenkassen
Neuregelung trifft Unternehmen – Sixt: Mehrfachbelastung verfassungswidrig
Billy Six

Erich Sixt ist sauer. Der Chef der Mietwagenkette Sixt sieht sich als großen Verlierer der GEZ-Reform, die 2013 in Kraft treten soll. Die Neuregelung, die wohl keine Branche so stark belasten wird wie die der Autoverleiher, droht eine „gigantische Gebührenerhöhung“ zu werden, vermutet Sixt. Sein Urteil: „Das ist Raubrittertum und Wegelagerei.“

Die vom Verfassungsrechtler Paul Kirchhof entwickelten Vorschläge sollten Vereinfachung und Transparenz bringen. Vor allem aber: keinen Cent mehr in die Taschen von ARD, ZDF und Co. spülen. Das Zauberwort im Zusammenhang mit der Reform lautete stets „aufkommensneutral“. Tatsächlich ist Deutschland aber mit der Reform erneut dabei, eine Bürokratie- und Streitwelle zu entfachen.

Vor allem die Abschaffung der lästigen GEZ-Fahnder sollte für öffentliche Unterstützung sorgen – verwirklicht durch eine pauschale Beitragsbelastung für jeden Haushalt. Tatsächlich würden so Wohngemeinschaften oder generationenübergreifende Familiensitze künftig nur noch geschlossen mit 17,98 Euro im Monat belastet, unabhängig von der Anzahl der Geräte.

Eine Gebühr unabhängig von der Geräteanzahl

Die wahren Ursachen der Neustrukturierung liegen jedoch ganz woanders: Der Medienkonsum über Rechner und Mobiltelefone ist kaum nachvollziehbar und die gerätebezogene Gebührenheranziehung höchst umstritten. Gleichzeitig verabschieden sich immer mehr Personen aus der Zwangs-„Solidarität“: In Großstädten wie Berlin, München oder Stuttgart beträgt die Zahl der angemeldeten Haushalte nur noch zwischen 76,9 und 78,5 Prozent der privaten Haushalte, besagen Schätzungen. Gleichzeitig ist anzunehmen, daß so gut wie alle Bundesbürger am Rundfunk partizipieren. Bei Unternehmen ist die Teilnehmerdichte deutlich geringer. Trotzdem sollen sie mehr zahlen.

Speziell die geplante Einbeziehung von Mietwagen sorgt jetzt für Ärger: Erich Sixt hat den Staatsrechtler Christoph Degenhart beauftragt, ein Rechtsgutachten anzufertigen. Auf 43 Seiten untermauert der Rechtsgelehrte in schwerverdaulichem Juristendeutsch die Ansichten seines Auftraggebers. Er kommt zu dem Schluß, daß die geplante GEZ-Reform verfassungswidrig ist.

Das ist geplant: Auch weiterhin sollen alle Betriebe gemessen an der Zahl ihrer Fahrzeuge zur Kasse gebeten werden. Der Betrag pro Kfz steigt von 5,76 auf 5,98 Euro. Hinzu kommen gestaffelte Gebühren, die von der Anzahl der Mitarbeiter und der Filialen abhängen. Autovermietung ist ein personal- und filialintensives Geschäft.

Die Extrakosten werden mit der Existenz einer betrieblichen „Empfangsgemeinschaft“ begründet. Speziell bezogen auf die Autovermietung ergeben sich aber folgende Bedenken: Der Gleichheitsgrundsatz wird verletzt, da im Gegensatz zur privaten Haushaltspauschale der Fuhrpark nicht durch die betrieblichen Pauschalen abgedeckt ist – und dies sogar unabhängig davon, ob Autoradios existieren oder nicht. Zudem stünden die Fahrzeuge ohnehin nicht der Belegschaft zur Verfügung, sondern nur dem Kunden.

Ein solcher Kunde könnte dazu direkt und indirekt dreifach belastet werden – durch Privatgebühr, Betriebszugehörigkeit und Fahrt des Mietwagens. Im Klartext: Dreimal zahlen, aber nur einmal zuhören – das kann nicht gerecht sein.

Die Studie kritisiert weiter, daß die Berechnung anhand von Filialen und Fahrzeugen die eigentliche Systemänderung unterlaufe: Während die Einzelerfassung von Geräten generell abgeschafft werden soll, werde ausschließlich im Gewerbebereich erneut ein schwer nachvollziehbares Bewertungssystem durch Stückzahlen eingeführt.

Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in Berlin kritisiert in einer Stellungnahme, daß „deutlich stärkere finanzielle Lasten für den Mittelstand und mehr Bürokratie zu erwarten sind.“

Für ein Auto wird dreifach gezahlt

Ungeklärt sind zum Beispiel folgende Fragen: Zählt der Bagger als gebührenpflichtiges Fahrzeug? Was ist mit den ungenutzten Fahrzeugen, die abgemeldet in der firmeneigenen Garage stehen? Müssen Bäckereien wöchentlich ihre veränderten Filialbesetzungen melden? Vieles bleibt unklar, nichts wird einfacher.

In einer Musterrechnung nennt der Verband eine Bäckerei mit 115 Beschäftigten. Bislang mußte der Betrieb 276 Euro bezahlen. Nach der Reform wären es 3.300 Euro. Erich Sixt selbst prangerte gegenüber der Wirtschaftswoche die Entwicklung als ungerechtfertigte Beitragserhöhung an. Er rechnet mit „Mehreinnahmen für ARD und ZDF von bis zu 1,6 Milliarden Euro“ durch Unternehmen und andere Institutionen.

Foto: Dreifach bezahlt: Das Autoradio im Mietwagen sorgt demnächst für erhebliche Mehrkosten

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen