© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/10 05. November 2010

Volksverhetzung
Zweischneidig
von Günter Bertram

Zum Volksverhetzungs-Paragraphen 130 ist jetzt eine dritte Ergänzung angekündigt worden; angeblich geboten, um einem Rahmenbeschluß der Europäischen Union nachzukommen. Den freilich hatte die damalige Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) dort selbst durchgedrückt. Rechtsverbindlich ist er eigentlich nicht, weil Brüssel keine Eingriffe in nationales Strafrecht gestattet sind. Die Staaten nehmen dergleichen aber lethargisch hin. Gegen die „Erinnerungspolizei“ à la Zypries hatten prominente europäische Wissenschaftler im „Appell von Blois“ vom Oktober 2008 fruchtlos protestiert.

Was besagt nun die Novelle? „Hetze“ wird als Tatbestand – was Täter, geschützte Gruppen und nun auch einzelne anlangt – von vier auf 13 Zeilen erweitert. Die Motive zeigen, was die Gerichte aus dem verquollenen Text herauslesen sollen: noch mehr Schutz für „Migranten“! Der Wortlaut aber legt daneben auch eine andere Anwendung nicht nur nahe, er verlangt sie: Deutsche Schüler etwa, die von moslemischen Cliquen majorisiert, beschimpft, entwürdigt und gejagt werden, stehen nun unter dem Schutz auch dieses besonderen Strafgesetzes. Ob unsere Justiz die Courage aufbringen wird, diesem Recht ohne Ansehen der Person Geltung zu verschaffen?

 

Günter Bertram war Vorsitzender Richter am Landgericht Hamburg

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