© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/10 05. November 2010

Zeitschriftenkritik: Aviso
Zentrum russischer Literatur
Werner Olles

Es naht der 100. Todestag des russischen Dichters Leo Tolstoi am 20. November, und Aviso, die vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst viermal jährlich herausgegebene „Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst in Bayern“, nutzt dies, um in ihrer aktuellen Ausgabe (4/2010) die Tolstoi-Bibliothek in München vorzustellen. Die im Stadtteil Lehel beheimatete öffentliche Leih- und Präsenzbibliothek gilt als „Schatzhaus russischer Literatur und Kultur“ und stellt mit ihrem Bestand von 45.000 Werken die größte russischsprachige Bibliothek in ganz Europa dar.

1949 mit Unterstützung der amerikanischen „Tolstoy-Foundation“ gegründet, wird sie seit 1963 vom Tolstoi Hilfs- und Kulturwerk e.V. getragen. Schwerpunkt des Münchner Kleinods ist die russische Emigrationsliteratur mit bedeutenden Erstausgaben und handsignierten beziehungsweise mit Widmung des Autors versehenen Büchern, die bibliophile Herzen höher schlagen lassen. Natürlich fehlen auch die Werke von Leo Tolstoi selbst nicht, und auch bei deutschen Klassikern auf russisch wird der Leser fündig. Zu den Besonderheiten der Tolstoi-Bibliothek gehören die regelmäßig stattfindenden kulturellen Veranstaltungen, versteht sich die Bibliothek doch auch als Forum für Begegnungen zwischen Deutschen und Russen.

Mit einem „Plädoyer für einen konstruktiven Umgang mit der Hochschulreform“ befaßt sich der Beitrag „Bildung trotz oder mit Bologna?“. Zumindest in einem Punkt habe die Reform tatsächlich einen „gravierenden Fehler“ gemacht, schreibt der Autor Oliver Jahraus, Lehrstuhlinhaber für Neuere deutsche Literatur und Medien an der Ludwig-Maximilians-Universität und dort Bologna-Beauftragter. Sie habe in ihren Planungen die Eigenverantwortung von Studenten und Hochschullehrern außer acht gelassen. Doch bedeute Vergleichbarkeit eben nicht Zentralismus, sondern Eigenverantwortung, die durch eine gewisse Flexibilität und Mobilität gewährleistet werden müsse. Erst dann könne der Bologna-Prozeß, der den universitären Bereich der Bildung reformieren sollte, zu einem Baustein der Bildung dieser Gesellschaft werden. Doch komme eine Diskussion darüber kaum in Gang.

Hans-Joachim Bungartz beschäftigt sich in seinem Beitrag „Wikipedia & Co. – Bildung aus dem Computer. Verheißung, Alptraum – oder einfach nur neue Normalität?“ mit dem Phänomen des scheinbar unaufhaltsamen Siegeszuges von Wikipedia, der 2001 ins Leben gerufenen „freien Online-Enzyklopädie“. Namensgeber für Wikipedia war der Schnellbus Wiki-Wiki am Flughafen von Honolulu, wobei die Verdoppelung im Hawaiischen für eine Steigerung („sehr schnell“) steht. Was aber hat es nun auf sich mit diesem Phänomen, an dem sich die Geister so heftig scheiden, und von Verheißung der Bildungsanarchisten bis Alptraum der Bildungsbürger das Spektrum der Reaktionen in der Tat riesig ist? Na, dann schlagen Sie doch mal kurz nach – bei …

Kontakt: Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Salvatorstr. 2, 80333 München  www.stmwfk.bayern.de

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