© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/10 12. November 2010

Goldene Krisenzeiten
Vermögenssicherung: Besucherandrang auf der Münchner Edelmetall- und Rohstoffmesse / Bruno Bandulet und Wilhelm Hankel waren gefeierte Referenten
Jörg Fischer

Wer 1914 seine 20-Goldmark-Münzen nicht für Eisen oder Papiergeld hergab, der hat nach dem aktuellen Goldpreis seinen Urenkeln jeweils 233 Euro hinterlassen – vorausgesetzt Kinder und Enkel konnten die kleinen Geldstücke mit dem Kaiserporträt sicher verwahren. Die Goldfamilie hat so zwar kein Vermögen gemacht, aber ihr ist der sichere Werterhalt geglückt: 40 Mark betrug damals der Wochenlohn eines Poliers – heute sind es 600 Euro. Dazwischen liegen zwei verlorene und ein kalter Krieg sowie drei Währungsreformen. Die Sorge ums Vermögen und die Angst vor der Inflation war auch der gemeinsame Nenner der etwa 6.000 Besucher, die sich vorige Woche auf der Edelmetall- und Rohstoffmesse in München drängten (JF 45/10).

Auf den zwei Etagen der Event-Arena des Olympiaparks reihten sich die Stände von Edelmetallhändlern und Minengesellschaften dicht an dicht. Und da der Kauf von Goldmünzen und Barren in Deutschland noch umsatzsteuerfrei ist, gingen viele große Euro-Scheine über die Theke. Daß die Feinunze Gold vorigen Freitag in New York mit fast 1.400 Dollar notierte, tat der Kauflaune keinen Abbruch. Einige beliebte Gold- und Silbermünzen waren zügig ausverkauft. Als Initiator Frank Hoffmann 2005 seine erste Edelmetallmesse veranstaltete, wurden er und seine Referenten von den Leitmedien noch als Untergangspropheten abgetan – doch mit der Krise hat ein Umdenken eingesetzt. Finanzmarktgläubige Messen wie die IAM in Düsseldorf, wo wenige Tage vor der Lehman-Pleite 2008 noch über Abgeltungssteuer und Turbozertifikate sinniert wurde, müssen „pausieren“. Die drei Bühnen auf der Edelmetallmesse waren hingegen so stark umlagert wie noch nie. Waren bei den Firmenpräsentationen – von Gold und Silber über Kupfer, die Seltenen Erden und Lithium bis hin zu Uran und sogar Edelholz – meist noch einige Plätze frei, so blieb bei den Auftritten von Vermögensverwaltern wie Uwe Bergold, Martin Siegel, Herwig Weise oder der US-Legende Rob McEwen kein Stuhl mehr frei. Bei den parallelen Vorträgen der Anlageexperten Dirk Müller, Max Otte und Dimitri Speck am Freitag nachmittag platzen dann die Räume mit jeweils mehreren hundert Zuhörern aus allen Nähten. Zahlreiche Besucher aller Altersklassen – ob in Geschäftskleidung oder sportlichem Gewand – mußten sich an die Wände lehnen oder mit dem Fußboden als Sitzgelegenheit begnügen.

Der Samstag brachte dann noch einmal eine Steigerung. Ob bei Gregor Hochreiters Referat über den historischen Goldstandard oder Bruno Bandulets Vortrag über „Die letzten Jahre des Euro“ – der große Raum im Erdgeschoß erwies sich als viel zu klein. Beim Auftritt des Währungsexperten Wilhelm Hankel im noch größeren Saal im Obergeschoß gab es dann kein Halten mehr – der Euro-Kritiker wurde fast wie ein Popstar beklatscht, obwohl er eindringlich vor zuviel Gold-Euphorie warnte.

Den gefeierten Schlußpunkt setzte der Goldprotagonist Hans Bocker, der angesichts der Schuldenkrise Charlie Chaplins Anlagestrategie empfahl: Der habe sich 90 Prozent seiner Gagen in Gold auszahlen lassen. Damals lag die Feinunze bei 20 bis 35 Dollar. 1977, als der Filmstar starb, lag der Goldpreis erstmals über 150 Dollar – oder besser gesagt: Der Dollar hatte drei Viertel seines Goldwertes eingebüßt.

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