© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/10 19. November 2010

Türkei
Fronten geklärt
von Michael Paulwitz

Mal wieder die Türken vor Wien: Kadri Evcet Tezcan macht aus seinem Herzen keine Mördergrube und aus einem Interview keine Multikulti-Kuschelrunde. Knallhart wie der Großwesir des Sultans stimmt der türkische Botschafter in Wien als Interessenvertreter aller in Österreich lebenden Türken – auch der eingebürgerten – die alte Leier der Dauerbeleidigten an, stellt seine Gastgeber in den Senkel, diktiert ihnen seine Forderungen und kanzelt nebenher auch noch die deutsche Regierungschefin ab. Deren betretenes Schweigen zu den Tiraden des türkischen Gesandten ist so verräterisch wie die lahmen Proteste der österreichischen Regierungspolitiker.

Da hat einer das übliche Vernebelungssprech einfach beiseite gelassen, weil er es nicht mehr zu brauchen meint, und klar gesagt, was er wirklich will: Tribut und Unterwerfung. Der eigentliche Skandal daran ist, daß ein Großteil der türkischen Einwanderer – selbst die vermeintlich integrierten „Manager und Unternehmer“ – ihn dafür im Chor mit den grün-schwarz-roten Kollaborateuren der Landnahme wie einen Helden feiert.

So gesehen muß man dem türkischen Statthalter für seine undiplomatisch herrischen Ausfälle, die offensichtlich keinen Karriereknick nach sich ziehen, fast dankbar sein: Er hat die Fronten geklärt und die Schönredner blamiert. Jetzt ist Klartext angesagt.

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