© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/10 19. November 2010

Haltungsnote
Bumerang für Gesinnungsschnüffler
Tilmann Wiesner

Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus sind die Stichworte, die in keinem erfolgreichen Projektantrag des staatlich institutionalisierten „Kampfes gegen Rechts“ fehlen dürfen. Nur wer die Ängste vor „Neonazis“ im Osten Deutschlands in schrillen Tönen herausstreicht – wo es sich in Wirklichkeit um einige „Zurückgebliebene“ in bald gänzlich entleerten Landstrichen handelt –, hat Aussicht auf die verlockenden Geldströme aus den Füllhörnern der Subventionsindustrie.

Anetta Kahane hat dieses Handwerk gelernt. 1998 gründete die studierte Lateinamerikanistin die Amadeu Antonio Stiftung, benannt nach einem 1990 in Eberswalde zu Tode geprügelten Schwarzafrikaner. Seitdem wurden über 462 Projekte mit 2,8 Millionen Euro gefördert, darunter solche geschichtspolitischen „Sockelstürze“ wie die Umbenennung des Berliner Groeben-Ufers in May-Ayim-Ufer.

Als kürzlich das Alternative Kultur- und Bildungszentrum e. V. in Pirna den Sächsischen Demokratiepreis ablehnte, weil der Preis mit der Unterzeichnung einer Anti-Extremismus-Klausel verbunden war, floß die Empörung über. Das Bildungszentrum sprach von „Stasi-Methoden“; Kahane nahm ihre „Projektpartner“ in Schutz und geißelte die geforderte Klausel als „Gesinnungsschnüffelei“.

Diese Aussage irritiert in doppelter Hinsicht: Zum einen sitzt Kahane, die im Wendejahr die erste und letzte Ausländerbeauftragte des Ost-Berliner Magistrats wurde, in der Preisjury. Zum anderen war sie von 1974 bis 1982 selbst eine Gesinnungsschnüfflerin – als Inoffizielle Mitarbeiterin der „Stasi“ unter dem Decknamen „Victoria“. Warum erregt sich eine solchermaßen „ausgewiesene“ Demokratin über ein Bekenntnis zum Grundgesetz, das jedem NPD-Bürgermeisterkandidaten abverlangt wird?

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