© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/10 03. Dezember 2010

Gruß aus London
Albern und allzu simpel
Derek Turner

Im April, kurz vor Labours Abwahl, verabschiedete das Unterhaus ein Gleichstellungsgesetz als Ergebnis einer vierjährigen Diskussion und krönenden Abschluß von dreizehn Jahren Mißwirtschaft. Den Wählern wurde der Equality Act als eine Neuerung verkauft, die neun Gesetze gegen Diskriminierung (wegen Rasse, Religion, sexueller Orientierung, Alter usw.) vereinte, um die Rechtslage für den Bürger durchschaubarer zu gestalten. Dieses Ziel wurde natürlich in keiner Weise erreicht – aber wen stört das schon, besteht doch sein eigentlicher Zweck darin, sämtliche Firmen und Institutionen von der Regierung bis hin zum kleinsten Privatunternehmen zu zwingen, sich Gleichstellungsgrundsätze aufzuerlegen.

Nach dem neuen Gesetz können Arbeitnehmer, Auftragnehmer und Kunden jedes Unternehmen verklagen, von dem sie sich in irgendeiner Weise benachteiligt oder belästigt fühlen, und sei es nur indirekt durch Dritte bzw. in ihrer subjektiven Wahrnehmung. Damit werden Regierungsbehörden genötigt, Aufträge an Privatfirmen auf der Basis von deren Standards bezüglich Gleichstellung und kultureller Vielfalt zu vergeben. Unter den Begriff der „Belästigung“ fallen neuerdings auch Einzelvorfälle, bei denen „die Würde einer Person verletzt“ wird. Schiedsgerichte können Unternehmen neue „Richtlinien“ aufzwingen. Arbeitgeber dürfen Bewerber nicht mehr zu ihrer Gesundheit befragen.

Als Oppositionspartei lehnten die Tories das neue Gesetz ab, haben aber seit ihrem Regierungsantritt herzlich wenig dagegen unternommen, daß am 1. Oktober 2010 ein Großteil der Regelungen in Kraft trat. Schuld daran war gewiß nicht nur der Druck seitens ihres liberaldemokratischen Koalitionspartners – Tatsache ist, daß viele Konservative mittlerweile selber dem Irrglauben verfallen sind, Gleichheit zwischen den Menschen sei möglich und erstrebenswert. Immerhin hat man bislang davon abgesehen, Unternehmen wie von Labour vorgesehen zu verpflichten, die Gehälter von Angestellten im Detail zu veröffentlichen. Und am 7. November verkündete die Innenministerin, Kommunalbehörden die „sozio-ökonomische Pflicht“ erlassen zu wollen, „soziale Benachteiligung“ zu bekämpfen. Dieser Gedanke sei „albern und allzu simpel“. Freilich vergaß sie zu sagen, daß das ganze Gesetz albern und allzu simpel ist.

 

Derek Turner ist Herausgeber der britischen Zeitschrift Quarterly Review.  www.quarterly-review.org

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen