© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/10 03. Dezember 2010

Aufgeschnappt
Denunzieren will gelernt sein
Matthias Bäkermann

Ein Lieblingsfeind der linksextremistischen Antifa im nordrhein-westfälischen Bezirk Ostwestfalen-Lippe ist Marcus Winter, Rädelsführer der „Nationalen Offensive Schaumburg“.

Bei einer Antifa-Gruppe an der Bielefelder Universität meinte man Mitte November die neue Adresse erkundet zu haben und verteilte im entsprechenden Stadtteil Flugblätter und Postwurfsendungen, um „Marcus W.“ in seinem neuen Wohnumfeld sozial zu ächten. Neben dem Porträtfoto war die komplette Adresse angegeben, „falls Sie mir auf der Straße oder im Supermarkt mal die Meinung sagen wollen“, fordert der vermeintliche Neonazi seine Nachbarschaft auf. „Das ist definitiv eine Verwechselung“, sagt Martin Schultz, Sprecher der Polizei Bielefeld, die nun wegen Verleumdung und Beleidigung gegen Unbekannt ermitteln: „Der Mann, der dort wohnt, ist mit dem Mann auf dem Flugblatt weder verwandt noch verschwägert – und er sieht auch nicht so aus.“ Die Folgen für den angeprangerten falschen Marcus W. sind noch gar nicht abzusehen. Ein Antifa-Sprecher distanzierte sich bald vom etwas voreiligen Genossen. „Da hat einer eins und eins zusammengezählt und ist auf drei gekommen“, gibt den Extremisten die Neue Westfälische wieder. Im Forum des Bielefelder SPD-Blattes zweifeln schon die Verschwörungstheoretiker: Hinter dieser Dummheit stecke womöglich eine „gezielte Verteilaktion der Nazis“.

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