© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/10 10. Dezember 2010

Pisa-Studie
Auf Sprache kommt es an
von Josef Kraus

Keine Nation der Welt verfällt wegen des Pisa-Tests so regelmäßig in kollektive Hysterie wie die Deutschen. Wahrscheinlich ist es wie im Fußball: Wenn man nicht unter die besten Vier gelangt, möchte man wenigstens als Letzter in Sack und Asche gehen können. In der Folge gibt es in der Pisa-Diskussion mindestens ebenso viele Bildungsexperten wie Fußball-Nationaltrainer, nämlich – Kleinkinder weggerechnet – 75 Millionen.

Aber Polemik beiseite: Bei Pisa haben die Schüler in Deutschland in der Mathematik und in den Naturwissenschaften deutliche Fortschritte gemacht, im Leseverständnis eher weniger. Das ist kein Wunder, denn gerade in letzterem Testbereich schlagen sich die Fertigkeiten beziehungsweise die Defizite im sprachlichen Bereich, also im Deutschen, besonders nieder. Insofern sind die Ergebnisse Deutschlands im Lesetest auch das Ergebnis sprachlicher Parallelwelten. Ansonsten wird man in den kommenden Tagen zu Pisa vor allem aus der „progressiven“ Ecke Legenden noch und noch aufgetischt genommen. „Haltet den Dieb!“, so werden sich die Linken implizit wieder vernehmen lassen. Dabei waren sie es, die das deutsche Schulwesen mit ihrem Egalisierungs- und Erleichterungswahn teilweise an die Wand gefahren haben.

 

Dr. Josef Kraus ist Präsident des Deutschen Lehrerverbandes

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