© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/10 10. Dezember 2010

Menschheitsentwicklung im genetischen Nadelöhr
Wir haben nur tausend Urahnen
(jr)

Bis heute legitimieren Altertumswissenschaftler ihr Tun mit dem dunklen Topos, die Kenntnis der antiken Welt trage zum „Selbstverständnis“ der Gegenwart bei. Mit dem gleichen Argument warten Prähistoriker und Anthropologen auf, nur daß sie nicht 5.000 sondern 200.000 Jahre als bedeutsam für unser Gattungsgedächtnis anpreisen, wie jüngst der durch spektakuläre Nature- und Science-Aufsätze bekannt gewordene US-Forscher Curtis W. Marean (Arizona State University). Marean will in Höhlen an Südafrikas Südspitze Beweise für seine Rekonstruktion der ersten 100.000 Jahre Menschheitsgeschichte aufgespürt haben (Spektrum der Wissenschaft, 12/2010). Seine Funde würden die Hypothese einer vor 195.000 Jahren einsetzenden klimatologischen Großkatastrophe stützen, die den afrikanischen Kontinent für 70.000 Jahre in eine kalte Wüste verwandelte. Dies Desaster begann just in der Ära, als sich unsere Spezies in Afrika zu entwickeln begann. Kaum geboren, schon beinahe ausgestorben, wären da nicht in Mareans dramatischem Szenario jene Höhlen gewesen, in denen eine winzige Restpopulation das „genetische Nadelöhr“ passierte. Dank der reichen Gaben des Meeres überwinterte dort eine nach Mareans Schätzung unter 1.000 fortpflanzungsfähige Kreaturen umfassende Gruppe, „von der alle heute lebenden Menschen abstammen“. www.spektrum.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen