© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/10 17. Dezember 2010

Christenverfolgung
Weltenbrand auf Raten
von Joachim Feyerabend

Und wenn die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet.“ So steht es in Sure 9:5 des Koran. Und so wird es in einigen Ländern auch immer wieder gehandhabt. „Nicht ihr habt sie erschlagen, sondern Allah erschlug sie“, liefert Sure 8:17 gleich die Absolution hinterher.

Bekannt wurde Ende Oktober 2005 ein solch blinder Gehorsam gegenüber den Worten des Propheten aus Indonesien. Auf der Insel Sulawesi enthaupteten mehrere jugendliche Dschihadisten zum Ende des muslimischen Fastenmonats mit ihren Macheten drei christliche Schulmädchen. Die abgeschlagenen Köpfe legten sie zusammen mit der Briefbotschaft – „Wir werden noch 100 christliche Teenager ermorden und ihre Köpfe verschenken“ – vor einer Kirche ab.

Indonesien ist kein Einzelfall, im Irak rollten Köpfe, in Pakistan nahmen aufgehetzte Muslime auf Motorrädern christliche Schulen unter Maschinengewehrfeuer, im Südsudan wurden zum Christfest alle Gläubigen in einer Kirche getötet und die zerhackten Leichenteile ringsum verstreut. In Indien verbrannte ein Pfarrer zur Belustigung der Gotteskrieger bei lebendigem Leib auf einem Scheiterhaufen. Sogar in Südfrankreich erlitt in Lyon während des Ramadan eine christliche Schülerin eine Steinigung. Sie hatte während des Fastenmonats ihr Pausenbrot verzehrt. Saudi-Arabien weist Ausländer aus, die die islamischen Fasten-Regeln nicht einhalten, Ägypten verhaftete in Port Said koptische Restaurantbetreiber, die in ihrem Lokal während des großen Fastens Nichtmuslimen Speisen anboten. Dies sei eine Beleidigung des Islam und der Versuch, Gläubige zu verführen. Auch aus den Emiraten sind ähnliche Fälle bekannt. Im August 2010 mußten sich zwei Christen in Algerien vor Gericht verantworten, sie hatten während des Ramadan tagsüber Wasser getrunken.

Während in Deutschland die Diskussion um die Integration muslimischer Migranten hohe Wogen schlägt und Politiker und Intellektuelle den friedlichen Dialog suchen, sterben von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt täglich Menschen in aller Welt für ihren christlichen Glauben, verenden in Gefängnissen und Arbeitslagern, werden Mütter und Töchter vergewaltigt, ihre Männer ermordet und ihre Geschäfte und Kirchen zerstört. Interreligiöse Heiraten sind in manchen Ländern, zum Beispiel in Malaysia, nicht möglich, es sei denn, der Ehepartner tritt zur Lehre Mohammeds über.

Immerhin haben zwischen 200 und 250 Millionen Christen in 50 Ländern aus ethnischen und religiösen Gründen unter zum Teil massiver Verfolgung bis hin zum Genozid zu leiden – auch in jenem Land, das als Beitrittskandidat zur Europäischen Union hofiert wird: der Türkei, in der noch immer Kirchen brennen und christliche Geistliche ermordet werden.

In 16 Staaten ist die Menschenrechte verachtende Scharia uneingeschränkt Grundlage der Jurisprudenz, Andersgläubige haben so gut wie keine Rechte. Vergewaltigte Ehefrauen werden wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs angeklagt. In Pakistan ist eine christliche Zeugenaussage weniger wert als die eines Muslims. Das Konvertieren vom Islam zu einer anderen Religion gilt als Hochverrat. Die Delinquenten sehen oft der Todesstrafe entgegen, während die muslimischen Zentralräte hierzulande eine schier grenzenlose Toleranz für ihre Belange einfordern und bei jedem Anlaß lautstark auf die Barrikaden steigen.

Es hat lange gedauert, zu lange, bis deutsche Behörden jene Hamburger Moschee schleiften, in der Haßprediger verbale Brandsätze von sich schleuderten, Terroristen ein- und ausgingen, Rekruten für Al-Qaida angeworben wurden und der Bürgerkrieg auf deutschem Boden als Ziel galt. Es ist schlicht unvorstellbar, daß etwa in Saudi-Arabien auch nur ein schmuckloser Raum für christliches Gebet existieren könnte. Denn dort sind sogar einfache Symbole wie ein Kreuz an einer Halskette verboten.

In Mauretanien führt der Besitz einer Bibel direkt ins Gefängnis, und auf den idyllisch scheinenden Malediven – ein beliebtes deutsches Urlaubs- und Taucherparadies – verliert ein Konvertit sofort alle Bürgerrechte. Ähnliches gilt für viele Länder im Zeichen des grünen Propheten-Banners, auch in den südlichen Staaten der ehemaligen Sowjet­union, während hierzulande prächtige Moscheen unter dem Applaus der Politik wie Pilze aus dem Boden schießen und den Machtanspruch des Islam auf europäischem Boden zementieren.

Die Lehre Mohammeds erhebt, seit sie das koloniale Joch abgeschüttelt hat, unmißverständlich und immer selbstbewußter Anspruch auf die Weltherrschaft. Diese Mission ist im Koran verankert, woran auch sogenannte aufgeklärte und mehr westlich orientierte Muslime nicht zu rütteln vermögen. Wer sieht hinter die Stirnen oder gar in die Herzen?

Die simple Einteilung der Welt aus islamischer Sicht in ein „Haus des Friedens“ (islamische Welt) und „Haus des Krieges“ (der Rest der Welt) steht für sich. Der Vormarsch der Muselmanen in Afrika und bis hinein in die Tiefen des Pazifik ist triumphal, sein stetiges Einsickern und Wuchern in Europa eine statistisch nicht mehr zu vernachlässigende Größe. Nicht umsonst existiert der Begriff „Eurabien“.

Die Abschottung der hier lebenden Muslime – soviel zum Thema Integration – zu Inseln in einem Meer westlicher Dekadenz hat Methode. Der freizügige westliche Lebensstil soll nach dem Willen ihrer Imame von den Gläubigen ferngehalten werden. Der vom Westen immer wieder forcierte, versöhnende und von Toleranz diktierte Dialog kann angesichts von Hunderten von Millionen Muslimen in aller Welt, die in einem finsteren, mittelalterlichen Weltbild wurzeln, nur als stumpfe Waffe begriffen werden.

Von vielen Anhängern des 1,5 Milliarden Menschen umfassenden Islam wird er sogar als Schwäche eines Systems belächelt, das wegen Unmoral, Geldgier und zunehmender Abkehr vom eigenen Glauben ohnehin als reif für den Mülleimer der Geschichte eingestuft wird. Und vor diesem Hintergrund kann – so sehen es die Dialogpartner auf der anderen Seite – nur die Hinwendung zu Allah und seinen Geboten das Heil bringen.

Nun darf aus christlicher Sicht nicht nur der Islam als Gefahr fokussiert werden. Bei der Verfolgung der Anhänger Jesu steht das kommunistische Nordkorea an erster Stelle, der große Bruder China auf Platz 13. Diktatoren, auch in Südamerika, zittern insgeheim vor der Macht des Glaubens, der dem Volk ihre unrühmliche Rolle deutlich macht, so wie Indiens Hindus immer wieder ganze Christendörfer abbrennen, da die unterprivilegierten Volksgenossen im Christentum Anerkennung und Gleichberechtigung finden und deshalb massenhaft dem Symbol des Gekreuzigten zulaufen. Und selbst bei Buddhisten, wie in Bhutan im Himalaja, sind Christen allenfalls als gut zahlende Touristen willkommen. Jede Geschäftstätigkeit ist ihnen untersagt. In der Türkei sind es die Kurden und christliche Provinzkirchen, die unter Pogromen leiden, in Ägypten werden die Kopten gejagt und entrechtet. In anderen Ländern stehen ebenfalls oft christliche Minderheiten auf der Agenda der Verfolger.

Wegen des gewaltigen Bildungsgefälles ist mit der Mehrheit der Muslime und ihrer zunehmend radikalisierten Imame und Ayatollahs in Arabien, Asien und anderen Teilen der Welt eine Unterhaltung auf Augenhöhe schlicht nicht möglich. Hier prallen im Zeitalter einer schier unbegrenzten Kommunikationsmöglichkeit aufgeklärte Dialogbereitschaft und der mittelalterliche Absolutheitsanspruch einer für viele faszinierenden, aber auch in ihren Aussagen oft widersprüchlichen Wüstenreligion aufeinander. Und die technischen Mittel der Kommunikation wie Internet und drahtlose Telefonie, Fernsehen und Video werden dabei geschickt und manipulativ genutzt. So nahm in Indonesien etwa die Zahl der radikal islamistischen Webseiten im Zeitraum 2007 bis 2008 von 15 auf 117 zu.

Die zunehmende Verschleierung der Frauen im ehemals toleranten Malaysia, die wachsende Militanz in Indonesien auf dem Weg zum Gottesstaat unter dem Gesetz der strengen Scharia, die Schlächterbande Abu Sayyaf auf den südlichen Philippinen, die auch Tausende von Soldaten nicht dingfest machen können, und die marodierenden Islamistenbanden im Süden Thailands sind nur einige Anzeichen für die zu erwartende Zukunft im Krieg der Religionen und Kulturen.

Ebenso stellt die flächenbrandartige Ausbreitung von Al-Qaida im Maghreb, im Jemen und in der Westsahara ein unübersehbares Fanal dar. Und die Fäden des islamistischen Spinnennetzes sind längst bis Kamerun, Südafrika, Neuseeland und Tonga gesponnen. Ein bevölkerungsreicher Teil der Welt wird ohnehin von Suizidbombern in Atem gehalten, ein Ende ist nicht in Sicht. Und der „Erfolg“ westlicher Militäreinsätze im Mittleren Osten zur Bekämpfung des islamistischen Terrors ringt manchem Kenner der Szene nur ein müdes Lächeln ab. Schon alleine die stille Mutation von einem humanitären Einsatz zum Krieg der Freiheitsverteidigung Deutschlands am Hindukusch war peinlich genug.

Das Instrumentarium der Christenverfolgung ist vielfältig. Mit den sogenannten Blasphemiegesetzen, etwa in Pakistan, fällt es leicht, einen unliebsamen Widersacher wegen angeblicher Gotteslästerung hinter Gitter oder an den Galgen zu bringen. Berufsverbote, Entführungen junger Töchter zur Zwangsverheiratung mit Muslimen, Enteignungen, Versammlungsverbote, Vernichtung der Ernten, Vertreibungen und Massenmorde, Überfälle auf Kirchen und Klöster, Schutzgelder, saftige Sondersteuern und Lösegelder für Kidnapper sind nur einige der angewendeten Mittel. In Nordkorea schuften unter erbärmlichsten Bedingungen Tausende von Christen in Arbeitslagern. Zusammen mit anderen politischen Häftlingen erwirtschaften sie etwa 40 Prozent des Bruttosozialprodukts – Sklaverei im Zeichen von Hammer und Sichel. Wer nicht spurt, wird exekutiert oder einem langsamen Hungertod preisgegeben.

Die Reaktion der westlichen Welt, deren Werte und Lebensstil bei einem weiteren Vordringen des Islam unversehens in Bedrohung geraten, erschöpft sich in einem Kopfschütteln. Es fehlt an bedachtem Mut, Selbstbewußtsein, am klaren Auftreten gegenüber der islamischen Welt. Stattdessen werden aus Angst vor Protesten, Morddrohungen und Anschlägen wegen einer möglichen Beleidigung der muslimischen Empfindlichkeiten Opernaufführungen abgesetzt, schon lektorierte Bücher nicht gedruckt und christliche Weihnachtsfeiern in Schulen abgesagt. Der Blick für die international heraufdämmernde Gefahr eines Religionskrieges und das Schicksal von Millionen Glaubensschwestern und -brüdern geht verloren. Der Weltbrand auf Raten ist eigentlich längst im Gang. Nur im Westen scheint es kaum jemand zu bemerken, oder man schweigt, um der gesellschaftlichen und beruflichen Ausgrenzung zu entgehen.

 

Joachim Feyerabend, Jahrgang 1940, war als Journalist unter anderem für Spiegel, Welt, Weltwoche, Wirtschaftswoche und Bilanz tätig. Er lebte zuletzt 15 Jahre auf den Philippinen und veröffentlichte mehrere erzählende Fachbücher.

Joachim Feyerabend: Wenn es lebensgefährlich ist, Christ zu sein. Kampf der Religionen und Kulturen, Olzog, München 2010. Das Buch bietet ein Panoptikum der weltweiten Christenverfolgung: von Afrika über Nordkorea bis hin zu Indonesien.

Foto: Christenproteste in Hyderabad, Pakistan: Im Juli 2009 hatten radikale Muslime wegen einer angeblichen Entweihung des Korans 50 Häuser der christlichen Minderheit in Gojra niedergebrannt

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