© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/10-01/11 24./31. Dezember 2010

Blick in die Medien
Meinungsfreiheit muß für alle gelten
Ronald Gläser

Bemerkenswert, wie deutlich sich einige mehr oder wenige linke Zeitungen die Forderung zu eigen machen, jeder solle alles im Internet veröffentlichen dürfen. Ein Appell, der jetzt von mehreren Medien initiiert worden ist, darunter die Berliner Zeitung und die taz, fordert „Publizierungsfreiheit“ für Wikileaks. „Wir wenden uns gegen jede Form der Zensur“, heißt es da. Die Angriffe auf Wikileaks zeigten ein erschreckendes Verständnis von Demokratie, nach dem „die Informationsfreiheit nur so lange gilt, wie sie niemandem weh tut“. Schließlich fordern sie buchstäblich jeden auf, „gegen die Kampagne gegen die Meinungs- und Informationsfreiheit aktiv zu werden“.

„Die Pressefreiheit wird von den Linken nur dann verteidigt, wenn sie ihnen paßt.“

Ausgerechnet die. Meinungs- und Pressefreiheit werden von den Linken doch nur dann verteidigt, wenn sie ihnen in den Kram paßt. Ende August schimpfte die taz über „rechte Webseiten“. Besonders gefährlich seien diese, weil es so schwierig sei, diese Internetseiten „dauerhaft aus dem Netz zu bekommen, insbesondere wenn die Server im Ausland stehen“. Wenig später – mitten in der Sarrazin-Debatte – schäumte das Blatt dann vor Wut: „Nein, man sollte nicht alles in der Öffentlichkeit sagen dürfen. Tabus haben eine zivilisierende Wirkung.“ Sarrazin zu einer Talkshow einzuladen, wo er dann seine „rassistischen Thesen“ verbreite – das sei „Journalismus ohne Gewissen“.

Genauso inkonsequent ist die Berliner Zeitung, die in regelmäßigen Abständen vor den Aktivitäten von Rechten im Internet warnt. Zuletzt feierte das frühere SED-Bezirksblatt nach der Schließung einer Seite eines Internetradiobetreibers den „großen Erfolg gegen rechte Radiomacher“ ab, der nur durch den Einsatz von Geheimdienstmethoden möglich gewesen sei. Sind das nicht genau die Methoden, die die Berliner Zeitung jetzt den Wikileaks-Gegnern vorwirft? Manche Zeitgeistmedien leiden unter Schizophrenie, wenn es um Meinungsfreiheit geht.

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