© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  52/10-01/11 24./31. Dezember 2010

Gestalten statt beobachten
Erik Lehnert motiviert zur politischen Arbeit
Detlef Kühn

Ein politisch denkender Mensch erlebt oft das Problem der Motivation. Man muß andere überzeugen und zum Handeln motivieren. Sich dabei selbst immer wieder aufzuraffen, neue Anläufe zu unternehmen, ist schwer aber notwendig. Erik Lehnert, Geschäftsführer des Instituts für Staatspolitik, kennt das Problem. In der handlichen Kaplaken-Reihe der Edition Antaios zeigt er, wie Konservative sich selbst erziehen können, nicht nur Beobachter des Geschehens zu sein, sondern auch gestaltend einzugreifen.

Der Inhalt ist logisch aufgebaut, enthält den nötigen Gegenwartsbezug und verrät den studierten Philosophen, der ihn verfaßt hat. Ist Politik permanente Krisenbewältigung? Lehnert meint, jeder müsse in der Krise selbst entscheiden, ob wir uns in einer solchen befinden. Nur so könne etwas Neues aus ihr entstehen. Er untersucht die Wertfrage, wobei er mit Jaspers und Hartmann dazu neigt, „nicht an die Vollendbarkeit der Welt“ zu glauben. Der höchste Wert sei der Wille zur Entscheidung. Selbstkritisch ist Lehnerts Auseinandersetzung mit der „Wahrnehmungselite“, Intellektuellen, die sich in ihrer realen Machtlosigkeit darauf beschränken, das Elend zu beschreiben. Wahrnehmung (besser: „Erkenntnis“) liege „zwischen Macht und Dekadenz“. Macht bedeute, was man erkennt auch umsetzen zu können, Dekadenz, „zwischen Erkenntnis und Tun keinen Zusammenhang mehr zu sehen“.

Lehnert beklagt die Tendenz, in Deutschland eine „DDR light“ zu entwickeln, den „Rückzug des Rechtsstaates“ und andere Fehlentwicklungen der Political Correctness. Jeder brauche etwas, an dem er sich aufrichten könne. Stattdessen machten sich Schuldstolz und Nationsvergessenheit breit. Ein fast zänkischer Moralismus bestimme die Politik. Das Parteiensystem als Herrschaft von Oligarchen führe zu einer Negativ­auslese und schrecke ab. Weisheit und Leistungsbereitschaft für das Ganze würden nicht belohnt. Lehnert plädiert deshalb für Rückbindung an Transzendenz und eine entsprechende Erziehung. „Wenn wir scheitern“, sagt er, „heißt das nicht, daß es vergeblich war.“ Sein Büchlein ist ein wichtiges Hilfsmittel für eine konservative politische Bildungsarbeit.

Erik Lehnert:     Wozu Politik? Vom Interesse am Gang der Welt. Kaplaken Band 19. Edition Antaios, Schnellroda 2010, gebunden, 76 Seiten, 8 Euro

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