© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/11 21. Januar 2011

Sarah Palin wehrt sich
Folgen der Arizona-Morde: Kaufeifer im Waffenladen
Kai Hammermeister

Auf der frischen Glut der Arizona-Morde wird manches Süppchen gekocht. Zwar handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach bei dem mutmaßlichen Täter Jared Loughner um einen Psychopathen, aber weil das Attentat hauptsächlich der Kongreßabgeordneten Gabrielle Giffords galt, wurde es umgehend politisiert. Binnen kürzester Zeit erklärten Linksliberale, das von der Rechten vergiftete politische Klima sei für die Tat verantwortlich. Wie nach jedem Schußwaffenmassaker wurde der Ruf nach stärkerer Waffenkontrolle laut. Die Tea-Party- Bewegung hielt eifrig dagegen und wiederholte ihre Forderung nach harter politischer Auseinandersetzung – gewaltfrei allerdings. Und der Präsident schrieb eigenhändig eine Rede, deren „pastoralen Ton“ selbst die Obama nahestehende New York Times erwähnenswert fand.

Gabrielle Giffords vertritt in Washington ihren Wahlbezirk als Mitglied der Demokraten, gehört aber keineswegs zu deren linkem Flügel. Wie so häufig in den Südstaaten mischen sich bei den Demokraten konservative Positionen, die im Norden zumeist von den Republikanern vertreten werden, mit liberaleren Anliegen.

So unterstützte Giffords einerseits die Gesundheitsreform Obamas trotz heftiger Proteste in ihrem Wahlbezirk, die zum Teil von den Anhängern der Tea-Party-Bewegung organisiert worden waren. Zudem lehnte sie eine Verschärfung der Einwanderungsgesetzgebung ab. In Washington jedoch stimmte sie gegen die zum linken Flügel der Demokraten gehörende Nancy Pelosi als Fraktionsführerin. Und Giffords trat stets für privaten Waffenbesitz ein.

So ist es ironisch, wenn der Mordversuch an ihr zu einem erneuten Fanal für striktere Waffenbesitzgesetzgebung vereinnahmt wird. Die Bevölkerung von Arizona machte sofort klar, was sie von solchen Bestrebungen hält. Innerhalb weniger Tage hatte sich der Verkauf von halbautomatischen Handfeuerwaffen mehr als verdoppelt. Wenn härtere Gesetze kommen, dann will man vorher noch den heimischen Waffenschrank gefüllt haben.

Die Tea-Party-Bewegung würde solchen Kaufeifer im Waffenladen als Erfolg verbuchen. Gegen sie hatten sich schnell die Anschuldigungen der linksliberalen Medien gerichtet. Loughner sei nicht zuletzt von Sarah Palin inspiriert, die zu der Führungsriege der Tea Party gehört. Deren Metapher vom „Nachladen“ war ein gefundenes Fressen. Gemeint gewesen war das als Aufruf zum unablässigen Widerstand gegen die Gesundheitsreform, im Kontext der Morde aber hörte es sich an wie ein Aufruf zur politischen Gewalt.

Loughners Wahn sollte zumindest mitverschuldet sein vom vergifteten politischen Klima, das man Palin & Co. zuschrieb. Palin selbst sprach inzwischen von „blutigem Rufmord“ der liberalen Presse gegen ihre Person. Politisches Abwiegeln, so Palin, gilt nicht. Wenn Obama parteiübergreifende Kooperation fordert, so wohl nicht zuletzt deshalb, weil er bei vielen Gesetzesinitiativen auf die Unterstützung der Republikaner angewiesen ist, die im Repräsentantenhaus nun die Mehrheit haben. Genau diesem Ruf aber will sich die Tea-Party-Bewegung verweigern.

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