© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/11 21. Januar 2011

Dioxin in deutschen Futtermitteln
Abschreckendes Signal setzen
Harald Ströhlein

Auch wenn die glorifizierte „Transparenz in der Lebensmittelkette“ verläßlichen Durchblick darüber zu geben scheint, was täglich „frisch aus deutschen Landen“ auf den Tisch kommt: auf Dioxin ist Verlaß! Geht es um handfeste Lebensmittelskandale, taucht das schon in geringen Mengen krebserregende Toxin in aller Regelmäßigkeit auf.

Schon vor mehr als einem Jahrzehnt machten die polychlorierten Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (PCDD/PCDF) groß von sich reden, als in Belgien stark belastete Futtermittel die Runde und selbst vor der deutschen Grenze nicht haltmachten. Seitdem ist das Kanzerogen immer wieder in Lebensmitteln aufgetaucht, ob in Käse oder in Eiern, im Fleisch von Schweinen oder in der Leber von Schafen.

Um so mehr reibt man sich verwundert die Augen, daß trotz aller daraus erwachsenen legislativen und exekutiven Maßgaben zur Prävention weiterer Kalamitäten nun erneut ein dubioser Dioxinskandal unser Land erschüttert: Bereits im März 2010 stellte ein aus Schleswig-Holstein stammender Zulieferer für Futtermittelunternehmen überhöhte Dioxinwerte in seinen Fetten fest. Bis zur offiziellen Meldung an die Behörde im Dezember wurden alleine in den beiden letzten Monaten vorigen Jahres etwa 3.000 Tonnen dieses delikaten Fettes an 25 Futtermittelhersteller geliefert, um damit diverse Leckereien für Legehennen, Mastgeflügel und Schweine zu veredeln.

Die Folgen sind bekannt: Bislang sind in Futtermitteln, Eiern und Fleisch überhöhte Dioxingehalte eruiert worden. Dabei laufen die von amtlichem Eifer getriebenen Untersuchungen noch auf Hochtouren, und das ganze Ausmaß dieses Desasters steht noch in den Sternen.

Gleichwohl hat die Landwirtschaft per se bereits einen enormen ökonomischen und Ansehensschaden erlitten, der alleine schon durch die behördliche Sperrung Tausender Höfe entstanden ist. Und das ganz ohne Zutun. Denn die gesetzlich vorgeschriebene Deklaration von Futtermischungen – also die Auflistung der Inhaltsstoffe – ist die Maßgabe, nach der ein Landwirt gutgläubig ein Futter für seine Tiere erwirbt. Daß Dioxin und anderlei giftiges Zeug im Futtersack schlummert, kann er weder riechen noch schmecken. Gleichwohl steht ein solcher nun in der Produkthaftung.

Ob nun reine Profitgier oder bloße Dummheit: Was auch immer hinter dieser Panscherei stecken mag, es sind letzten Endes wieder einmal die deutschen Bauern als schwächstes Glied in der alles andere als transparenten Lebensmittelkette, welche diese Suppe auszulöffeln haben. Der massiven Forderung der unter der Vereinigung „Unternehmen Milch“ gruppierten Milcherzeuger, wonach gegenüber den Verursachern ein abschreckendes Signal gesetzt und eine Schadensersatzklage erhoben werden müsse, kann nur beigepflichtet werden.

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