© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/11 28. Januar 2011

Wendungen eines Ministers
Gorch Fock: Wachsende Kritik am Einfluß der „Bild“-Zeitung auf Karl-Theodor zu Guttenberg
Felix Krautkrämer

Die Entscheidungswege eines Verteidigungsministers sind manchmal recht kurz: Am Freitag vormittag noch hatte Karl-Theodor zu Guttenberg im Bundestag eine „rückhaltlose“ Aufklärung der Vorfälle auf der Gorch Fock angekündigt und vor vorschnellen Verurteilungen gewarnt. Doch noch am selben Abend titelte die Bild-Zeitung auf ihrer Internetseite: „Gorch-Fock-Kapitän gefeuert“ und zitierte den CSU-Politiker mit den Worten: „Nach Rückkehr in den Heimathafen wird die Gorch Fock aus der Fahrbereitschaft genommen, bis eine noch einzusetzende Kommission auch unter Mitwirkung von Abgeordneten des Deutschen Bundestags beurteilt hat, inwieweit die Gorch Fock als Ausbildungsschiff und Botschafterin Deutschlands auf den Weltmeeren Zukunft hat.“

Das Blatt vergaß auch nicht mitzuteilen, was den Verteidigungsminister möglicherweise dazu bewogen hatte, seine Vorgehensweise so überraschend zu ändern: Man selbst habe das Ministerium vorab über einen geplanten Artikel informiert. In diesem sollten Kadetten über „Schikanen“, „Alkohol“, eine „geschmacklose Party“ und die Umstände, die zum Tod einer Offiziersanwärterin auf dem Schulschiff führten, berichten.

Nach der Absetzung des Kapitäns der Gorch Fock, Norbert Schatz, wurden Vorwürfe laut, es handle sich dabei um ein Bauernopfer. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte den Verteidigungsminister auf, nicht nur Sündenböcke zu suchen, sondern selbst Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen.

Dem entgegnete Guttenberg am Sonntag in einer Mitteilung, der Vorgang sei „ein in der Marine in einer solchen Situation übliches Verfahren“ und keine Vorverurteilung. Schon gar nicht würde Schatz ein „konkretes persönliches Fehlverhalten vorgeworfen“. Gleichzeitig kündigte der Verteidigungsminister jedoch via Bild am Sonntag eine Überprüfung in allen Teilstreitkräften an, ob es „Anhaltspunkte für Rituale“ gebe, die den Grundsätzen der Bundeswehr widersprächen. Letzteres rief den Bundeswehrverband auf den Plan: Dessen Vorsitzender Ulrich Kirsch sprach in der Augsburger Allgemeinen von einem „Generalverdacht“, unter den die Soldaten gestellt würden. Ein solches Vorgehen erinnere ihn „ein bißchen an die heilige Inquisition“. Der frühere Chef des Planungsstabs der Bundeswehr, Vize-Admiral a.D. Ulrich Weisser warnte Guttenberg, mit seiner „einsamen Entscheidung“ verkannt zu haben, wie sehr sich das Offizierskorps solidarisiere, wenn der Eindruck von Ungerechtigkeit entstehe. Offenbar habe der Minister auf Druck der Bild reagiert, sagte er der Berliner Zeitung.

Die Bild befragte unterdessen ihre Leser zu den Vorgängen: Auf ihrer Internet-
seite bot sie zu der Frage „‘Gorch-Fock’-Skandal, Waffenspiele in Afghanistan, Feldpost-Affäre: Wie geht Guttenberg mit der Krise um?“ drei Antwortmöglichkeiten: „Gut, der Minister greift durch und forciert die Aufklärung“, „Weniger gut, da er zu zögerlich und halbherzig agiert“ und „Kann ich nicht beurteilen.“ Auf die Idee, daß man die Vorgehensweise Guttenbergs auch „schlecht“ finden könnte, war die Zeitung dagegen nicht gekommen.

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