© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/11 28. Januar 2011

Diskussion um die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms
Ausgemerkelt
Bernd-Thomas Ramb

Aufschlußreich ist die Serie der Niederlagen, die Angela Merkel im Kampf um einen überlebensfähigen Euro seit knapp einem Jahr einstecken muß. Zunächst die erste (und nicht die letzte) Griechenland-Krise im April 2010. Die Kanzlerin zögerte und zauderte – und gab am Ende nach. Mehr als 22 Milliarden Euro deutsche Direkthilfe durfte Griechenland einstreichen. Gleich darauf der Euro-„Rettungsschirm“. Von Merkel einen Moment lang vehement als unnötig abgelehnt, kann ihre anschließende Kapitulation vor der „Alternativlosigkeit“ die Deutschen 148 Milliarden Euro kosten – ohne Erfolgsgarantie, aber mit der Konsequenz eines Bundespräsidentenrücktritts.

Nächster Akt: Die vertragliche Verschärfung des gerade gebrochenen Stabilitätspakts. Die Kanzlerin besteht darauf, die Euroländer sind anderer Meinung – und setzen sich durch. Statt konsequenter Bestrafung der Defizitsünder wird ein heftigeres Drohen mit dem Zeigefinger in Aussicht gestellt. Merkel streckt wieder die Waffen. Wer erwartete ernsthaft ein anderes Ergebnis bei der augenblicklichen Diskussion einer Ausweitung des Rettungsschirms? 750 Milliarden reichen nicht mehr aus, den maroden Euro-Teilnehmern aus der Patsche zu helfen. Die Kanzlerin bestreitet dies heftig – noch, denn das Einknicken hat Finanzminister Wolfgang Schäuble schon angekündigt.

Anfangs erfaßte die Vertreter der anderen Euroländer noch blankes Entsetzen über den Widerstand, den die deutsche Regierungschefin gegenüber den Hilfsplänen andeutete. Nun dürften sich alle mit dem System Merkel vertraut gemacht haben: Erst Gegenwind, dann Windschlüpfrigkeit. Die „Eiserne Kanzlerin“ entpuppt sich als Knetweibchen. Stets geht einleitendes Empörungsschreien in unterdrücktes Grummeln über. Das wird für Jean-Claude Juncker und Konsorten von der Euro-Gruppenleitung zuverlässig berechen- und damit vernachlässigbar.

Die Kanzlerin scheint dagegen ihrerseits das System Eurorettung nicht durchschaut zu haben; trotz ihrer DDR-Erfahrung. In der sozialistisch geprägten EU gelten drei Prinzipien – erstens:  Man nehme dem Reichen und gebe dem Armen. Zweitens: Wer reich und wer arm ist, bestimmt die EU-Kommission. Drittens: Wer einmal gegeben hat, muß sich rechtfertigen, warum er nicht noch mehr gibt. Merkels Lamento, der Betrag des Rettungsschirms würde ausreichen, ist daher nicht nur durch ihre Umfallqualität unglaubwürdig, sondern auch ein Widerspruch zum sozialistischen System der EU.

Was kommt als nächstes? Die Erfüllung des französischen Wunsches nach einer europäischen Wirtschaftslenkung? Das paßt zur sozialistischen Maxime der verordneten Armutsgleichheit aller. Ihren rituellen Protest hat die Bundeskanzlerin schon abgehakt. Dann wird es auch so kommen. Bis Deutschland systematisch ausgemerkelt ist.

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