© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/11 11. Februar 2011

„Sie sollten die Stadt meiden“
Dresden: Das Gedenken an die Bombenangri­ e vom Februar 1945 wirft seine Schatten voraus
Hinrich Rohbohm

Der sächsischen Landeshauptstadt steht ein ungemütliches Wochenende bevor. Am 13. Februar wird der Jahrestag der Bombardierung Dresdens begangen. Ein Tag, an dem eigentlich der unzähligen Opfer gedacht werden sollte, die bei den Luftangriffen alliierter Bomber am 13. und 14. Februar 1945 ihr Leben lassen mußten. Doch das Gedenken ist getrübt.

Mehrere politische Gruppen wollen auch in diesem Jahr versuchen, den Gedenktag für ihre Zwecke zu nutzen. Die NPD-nahe Junge Landsmannschaft Ostdeutschland will eine Gedenkveranstaltung in der Altstadt abhalten, das Bündnis „Nazifrei – Dresden stellt sich quer“ mit Blockaden die Kundgebung verhindern. Beide Seiten haben deutschlandweit ihre Anhänger mobilisiert. Die Polizei wird mit einem Großaufgebot versuchen, die Kontrahenten räumlich zu trennen. Linksextremistische Gegendemonstrationen sollen in die durch die Elbe vom Stadtzentrum getrennte Neustadt verlagert werden.

Ob den Behörden das gelingen wird, ist jedoch zweifelhaft. In linksextremen Kreisen geht man davon aus, daß diese Strategie rechtlich nicht haltbar sein wird, und haben geklagt. Vielmehr wolle man sich „jetzt erst recht“ auf dem in Altstadtnähe befindlichen Comeniusplatz einfinden, um einen „Spaziergang“ auf den „Täterspuren“ zu starten, der zum Hauptbahnhof führen soll. 

Mit „Täterspuren“ seien die „Wohnorte von führenden NS-Größen“ und „Stätten des nationalsozialistischen Terrors“ gemeint. Wie unklar und zugleich sensibel die Behörden die Lage in der Stadt einschätzen, wird anhand ihrer kargen Informationspolitik deutlich. Die Pressestelle der Polizei verweist Medien an die Pressestelle der Landeshauptstadt. Die Pressestelle der Landeshauptstadt verweist an den Bürgermeister. Dem seien Fragen zu den geplanten Demonstrationen schriftlich vorzulegen. Antwort auf die Fragen gebe es, „wenn der Bürgermeister Zeit hat“.

„Derzeit können wir überhaupt nichts sagen, weil die Genehmigungsverfahren für die Demos noch laufen“, verrät ein Polizeibeamter der JF. So wisse man weder „wann, wo und ob“ Kundgebungen tatsächlich stattfinden. Auf seiten der JLO ist die Verwirrung gewollt. Schließlich war ihnen im vergangenen Jahr ein Umzug durch die Altstadt von der Polizei verwehrt worden. Ein Vorgang, der kürzlich vom Verwaltungsgericht Dresden für rechtswidrig erklärt worden war. Dieses Mal wurden daher gleich mehrere Demonstrationen angemeldet. Linksextreme vermuten gar, daß der Schwerpunkt auf dem 19. Februar liegen könnte. Die Polizei rechnet für kommenden Sonntag dennoch mit Auseinandersetzungen. „Sie sollten Dresden meiden“, rät sie den Bürgern.

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