© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/11 11. Februar 2011

Leserbriefe

Zu: „Angriff von links“ von Thorsten Hinz, JF 6/11

Vom rechten Wortgebrauch

Der Artikel von Thorsten Hinz umschreibt das Phänomen der schleichenden Etablierung einer Diktatur. Dem kann ich nur zustimmen. Allerdings blendet Hinz aus, daß die Heftigkeit, mit der dies geschieht, schon weit über die Beschreibung von Alexis de Tocqueville hinausgeht. Die latente und organisierte Entmenschlichung des (politischen) Gegners hat sprachlich längst begonnen und Einzug in die Köpfe gehalten. Ich denke da zuallererst an den falschen und inflationären Gebrauch des Substantivs „Mensch“. In der Berichterstattung der Mainstream-Medien liest oder hört man immer wieder Sätze wie diese: „Tausende Menschen gingen gegen Rechtsradikale auf die Straße“. Also „Menschen“ gegen Rechtsradikale! Oder was wollen uns die Politiker sagen, wenn sie die Feststellung treffen: „Die Menschen im Land stehen hinter uns?“

Was ist mit denen, die nicht dahinterstehen? Hier wird doch eindeutig eine – schon nicht mehr subtile – Ausgrenzung Andersdenkender aus der eigenen Gattung vorgenommen.

René Bock, Bruchköbel

 

 

Zu: „Wenn sie Dein Kind holen ...“, Schwerpunktthema JF 5/11

Juristische Kontrolle mangelhaft

Als Rechtsanwalt, der sich schwerpunktmäßig mit solchen Jugendamtsübergriffen beschäftigt, kann ich der Kollegin Hein nur zustimmen. Die richterliche Kontrolle funktioniert wesentlich besser, wenn Sie sich gegen einen Bußgeldbescheid wegen Geschwindigkeitsüberschreitung wehren, als wenn Sie sich gegen die Wegnahme Ihrer Kinder wehren. Woran liegt das? Zunächst gibt es einen erheblichen Vertrauensvorschuß der Gerichte gegenüber jugendamtlichen Verlautbarungen, eine Art Einknicken des Juristen vor dem Sozialpädagogen. Sodann sind die Jugendamtsberichte, auf die sich die Gerichte regelmäßig stützen, in den streitigen Fällen oft formal und inhaltlich fehlerhaft. Eine Fachaufsicht ist gesetzlich nicht vorgesehen. Ein Jugendamtsmitarbeiter hat vor Gericht außerdem nicht die Stellung eines Zeugen. Ein Zeuge wird ermahnt, die Wahrheit, und zwar die volle Wahrheit über den Sachverhalt zu berichten, und nichts Entscheidungserhebliches wegzulassen, ansonsten drohe Strafverfolgung. Anders der Vertreter des Jugendamts. Er kann vor Gericht – übertrieben – erzählen, was er will, ohne Strafverfolgung wegen Falschaussage zu riskieren. Dadurch bleiben noch mögliche öffentliche Hilfen, die einer Familientrennung vorzuziehen sind, unerwähnt.

Des weiteren wird der Sachverhalt vom Gericht mangelhaft ermittelt, es werden durch die Wegnahme frühzeitig Fakten geschaffen, eine Rückführung der Kinder wird tabuisiert und – nicht zuletzt – gibt es für die psychologischen Sachverständigengutachten, die oft den Ausschlag geben, keine höchstrichterlichen Qualitätskriterien. Das bedeutet, daß Psychologen ohne nennenswerte klinische, fachliche und lebenspraktische Erfahrung sich Gutachter nennen und freischwebend nach Gutdünken die haarsträubendsten „Befunde“ erheben können. Das Gericht knickt wieder ehrfürchtig ein und entscheidet so, wie der Gutachter vorschlägt. Die Folge: Die Bevölkerung verliert das Vertrauen in das Jugendamt. In Einzelfällen wird dann tatsächlich Hilfe zu spät in Anspruch genommen, und wir haben den nächsten Fall „Kevin“ oder „Jessica“. Es ist eine Schande.

Johannes Hildebrandt, Schwabach

 

Verfolgungsjagd auf Autobahn

Meine Hochachtung, endlich nimmt sich jemand dieses heiklen Themas an! Ich bin zwar keine Betroffene, habe aber zu sehr vielen Betroffenen Kontakt, denen auf bloßen Verdacht hin ihr Kind weggenommen wurde. Ich habe sogar eine Mutter mit zwei Kindern über mehrere Wochen vor dem Zugriff der Behörden versteckt. Leider hat man sie dann auf der Autobahn nach einem spektakulären Autorennen gefaßt.

Es spielen sich herzzerreißende Szenen ab, daß ich selbst oft weinen muß. Diese Mütter, man muß sich das so vorstellen, befinden sich wie im Krieg, es ist von der Natur so angelegt, daß man um sein Kind kämpft um alles in der Welt. Alle erleiden einen fürchterlichen psychischen Schaden – sowohl die Mutter wie das Kind –, der niemals mehr geheilt werden kann. Man muß das endlich öffentlich machen, denn das Jugendamt und seine Helfer werden immer gefährlicher!

Anna Hutter, München

 

 

Zu: „Überfall am frühen Morgen“, Interview mit Annett Hein, JF 5/11

Hilfe gegen Heider Jugendamt?

Unsere Kinder sind am 25. November 2010 mit massiver Gewalt vom Heider Jugendamt aus der Familie gerissen worden. Eines unserer Kinder wurde in Meldorf aus der Tagesgruppe herausgeholt und durfte nicht mal zu Hause tschüß sagen. Die Mitarbeiter verweigern seither jeglichen Kontakt zu den Kindern. Es werden falsche Sachen vor Gericht erzählt, um uns in die Enge zu treiben. Unser Anwalt hat schon Strafantrag gegen die Sachbearbeiterin und Befangenheitsanträge gegen den Richter gestellt. Alles wird abgelehnt, Umgangsrecht wird wegen angeblicher Flucht untersagt.

Die Sachbearbeiter des Heider Jugendamts übergehen Gesetze wie die Paragraphen 164, 225 und 235 Strafgesetzbuch sowie Paragraph 1684 BGB. Es wird sogar erzählt, daß unsere kleine Tochter mißbraucht wurde. Sie hat eine Stoffwechselstörung und deshalb öfter Verstopfung, was dann zu Einrissen führt – aber das Jugendamt unterstellt uns Mißbrauch. Wer kann uns helfen?

Birgit Kramper, Lamstedt

 

 

Zu: „‘Dann wenden wir auch Gewalt an’“ von Hinrich Rohbohm, JF 5/11

Pflegekinder – kein „Geschäft“

Die Aussage von Beatrice Burchardt, daß es sich bei der Betreuung von Pflegekindern in Pflegefamilien um ein „lohnendes Geschäft“ handelt, muß ich entschieden zurückweisen. Wir nehmen seit über acht Jahren Kinder auf. Die Geldzuwendungen, die monatlich gezahlt werden, verdiene ich in drei Tagen auf meiner Arbeit. Auch haben wir in den Jahren nur besonnen handelnde Jugendamtsmitarbeiter kennengelernt, die sich für die Kinder und deren Eltern sehr einsetzen. Dieses wird von den Eltern – und das verstehe ich auch – nicht erkannt. Wir haben fast nur Fälle in all den Jahren erlebt, wo es sich um mißhandelte und stark vernachlässigte Kinder gehandelt hat. In den seltensten Fällen war der Grund der Aufnahme einer, den die Eltern nicht zu verantworten hatten, zum Beispiel Krankheit.

Carsten Tesch, Berlin

 

 

Zu: „Was Hänschen nicht lernt“ von Ellen Kositza, JF 5/11

Ist es Inkompetenz-Kompetenz?

Jeder war einmal Schüler, jeder kann somit, scheint es, über das Thema Schule mitreden, jeder kann Forderungen an die Schule stellen; und ständig gibt es neue Gespenster, die an die Wand gemalt werden: zum Beispiel der sexuelle Mißbrauch, ein Dauerbrenner unter den Modethemen, während kaum vom viel häufigeren Mißbrauch jener Kinder die Rede ist, die unter den Gegebenheiten sogenannter „Patchwork- Familien“ leiden oder die mittels großzügig erlaubten Medienkonsums sediert werden.

Auffallend und außerordentlich aufschlußreich ist auch die Verwirrung der sprachlichen Begriffe. Fast scheint es, daß in dem Maße sinkenden Leistungsvermögens der Kinder von kognitiver, sozialer „Kompetenz“ der Kinder die Rede ist. Früher konnten die Kinder lesen, heute haben sie „Lesekompetenz“. Könnte man derlei sprachliche Aufblähung noch hinnehmen, verraten manche Begriffsänderungen die Relativierung der Normen und Werte in bedenklicherem Maße: Das Ersetzen des früheren Begriffs „verhaltensgestört“ durch das heutige „verhaltensauffällig“ zeigt, wie Störungen nicht mehr beim Namen genannt werden sollen. „Auffällig“ könnte auch ein besonders gutes Betragen sein.

Während Lehrer früher besonnene und durchaus effektive Elterngespräche (Hausbesuche!) geführt haben, wird in den letzten Jahrzehnten immer rascher „nach dem Fachmann“ gerufen. Viele Eltern fragen bei der kleinsten Verhaltensauffälligkeit und besonders bei Lernstörungen sofort nach Psychologen, Psychotherapeuten und Ärzten. Das heißt, sie schöpfen ihre erzieherische Kompetenz überhaupt nicht mehr aus, wenn sie sich derer überhaupt noch bewußt sind. Auch ist vielfach ein Anspruchsdenken an die Schule als Reparaturanstalt für im Kleinkindalter versäumte erzieherische Maßnahmen festzustellen.

Marita Lanfer, Nümbrecht

 

 

Zu: „Dem Militär entfremdet“ von Thorsten Hinz, JF 5/11:

Ein Narrenschiff, nicht Gorch Fock

Die Vorgänge um das Segelschulschiff unserer Marine „Gorch Fock“ sind symptomatisch dafür, wie in diesem Land kleinkarierte Parteipolitik zu Lasten der Bundeswehr gemacht wird. Der Ablauf ist immer der gleiche: Sozialdemokraten, die noch immer aus Soldaten lieber Livreeträger machen wollen, instrumentalisieren zweifelhafte Zeugen, um wieder einmal ein vermeintlich dickes Haar in der Suppe der Bundeswehr zu entdecken, die Union ist – wie üblich – nicht fähig und nicht willens, sich eindeutig vor ihre Soldaten zu stellen; das alles wird dann von Kompanien von – bestenfalls – unkundigen und ignoranten Journalisten wochenlang aufgekocht.

Ich bin erschüttert über einen Verteidigungsminister, der – getrieben von gewissen Presseorganen – einzig aufgrund zweifelhafter Zeugnisse einen verdienstvollen und unbescholtenen (als solcher hat er bis zum Beweis des Gegenteils zu gelten) Soldaten in ehrverletzender Weise seines Kommandos enthebt. Enttäuscht bin ich auch über eine Marineführung, die sich pflichtwidrig nicht vor ihre Untergebenen stellt, wie es § 10 des Soldatengesetzes verlangt.

Das alles ist unendlich traurig, aber man kann wieder Hoffnung schöpfen: Der Wehrbeauftragte fordert eine neue Planstelle für einen/e Gleichstellungsbeauftragten/e – die wird es dann richten. Mir scheint allmählich, daß wir auf einem Narrenschiff leben; das heißt aber gewiß nicht „Gorch Fock“.

Hans-Joachim Kuhlwein von Rathenow, Herrnwahlthann

 

 

Zu: „Besuch des Großgläubigers“ von Albrecht Rothacher, JF 5/11

Plädoyer für das Reich der Mittel

China tut, was ausnahmslos alle anderen Großmächte getan haben: Es versucht, so günstig wie möglich in den Besitz von Rohstoffen anderer Länder zu gelangen. Doch im Gegensatz zu etwa den USA geschieht dies nicht mit militärischer Macht. Daß die chinesische Regierung dabei nicht amerikanische und europäische Interessen wahrnimmt, ist durchaus legitim. Es ist nicht Aufgabe einer Regierung, anderen Staaten zu gefallen, sondern für das Wohlergehen seiner Bevölkerung zu sorgen. Natürlich kauft China durch Deutschland gesicherte, hochverzinsliche europäische Anleihen. Das bedeutet für uns, daß wir später einmal mit unseren Zinsen chinesische Renten finanzieren. Das wird für unsere Kinder und Enkel das Resultat eines mit kurzfristigen Wahlperioden agierenden demokratischen Systems mit seiner zwangsläufig folgenden Schuldenmacherei sein. Auch eine Demokratie sollte sich weiterentwickeln.

Barbara Jungnickel, Engelsbrand

 

 

Zu: „Elend für den Erbfeind“ von Dag Krienen, JF 5/11

Nicht nur Franzosen, auch Briten

Das Verfahren, unausgebildete deutsche Kriegsgefangene zum Minenräumen einzusetzen, wurde nicht nur von den Franzosen durchgeführt. Wie mir der damalige oberste Arzt der ehemaligen Kriegsmarine für Mittel- und Südnorwegen, Dr. Franke, berichtete, haben die britischen Truppen ähnliches befohlen. Trotz vorhandener Minenpläne und teils erfahrener Pioniereinheiten wurden wahllos aus den Gefangenenlagern Kriegsgefangene zum „Minenräumen“ eingesetzt. Das sah dann so aus, daß den Soldaten unter Schußwaffenandrohung befohlen wurde, untergehakt in langer Reihe über die zu räumende Fläche zu laufen! Das Ergebnis kann sich jeder Laie vorstellen. Es war ein sinnloses, haßerfülltes Morden. Von einer Strafverfolgung der kommandierenden Briten wurde nichts bekannt. Es dauerte einige Wochen, bis die Briten auf Proteste der deutschen Stellen diese Barbarei einstellten.

Christoph Nehring, Essen

 

 

Zu: „Frau Böhmer und das S-Wort“ von Marcus Schmidt, JF 4/11

Integration ohne Gremium

Der Integrationsbeirat unter Staatsministerin Maria Böhmer bräuchte nicht auf ein 32 Mitglieder starkes Gremium mit türkischen und arabischen Verbänden zurückgreifen, um nach Beispielen für eine gelungene Integration zu suchen. Ein Blick auf die in Deutschland lebenden Asiaten würde genügen, um ein echtes Lob auszusprechen.

Sie beschimpfen uns nicht als Rassisten und Fremdenfeinde, sie bevormunden uns nicht in unserer Meinungs- und Pressefreiheit, sie erheben sich nicht zu Tugendwächtern politischer Korrektheit, sie fühlen sich durch uns nicht belästigt und beleidigt und bedrohen uns nicht, sie trachten Andersgläubigen nicht nach dem Leben, ihrer eher bescheidenen Art sind Überlegenheitsgefühle fremd. Sie sind nicht ständig unzufrieden mit unseren Sozialleistungen und fordern nicht immer nur mehr, sie beanspruchen keine Sonderregelungen und -rechte, da sie unsere Verfassung und unsere Menschenrechte anerkennen, sie stimmen mit unserer Vorstellung von Freiheit und Demokratie überein. Sie beanspruchen nicht den Bau von Großpagoden zum Zeichen der Eroberung und der territorialen Landnahme. Sie nehmen dankbar an, was Deutschland ihnen bietet. Sie sind strebsam, fleißig und fügen sich mit ihrer buddhistischen Lebensphilosophie der Gewaltlosigkeit, der Enthaltsamkeit, des Respekts nahtlos in unsere Kultur ein. Auf dieser Grundlage gelingt Integration, und die Vergabe der deutschen Staatsbürgerschaft ist nicht in Frage zu stellen.

Dr. Marieluise Friebe, Bad Dürkheim

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