© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/11 04. März 2011

Gruß aus Wien
Ungeliebte Fiaker
Peter Wassertheurer

A echter Weana Fiaka, is’ stolz auf sein’n Stand, mia hab`n a an Charakter, zeig’n euch gern Stadt und Land.“ Was in diesem Wiener Fiakerlied als „Charakter“ beschrieben wird, ist in Österreichs Hauptstadt eine kulturelle Institution. Der Fiaker gehört zu Wien wie der Stephansdom. Die Geschichte dieses Berufsstandes reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Damals nannte man die Fiakerkutschen noch „Mietpirutschen“ (Mietkutschen).

Das Gewerbe blühte auf und konnte selbst durch die Motorisierung des Wiener Taxiwesens nach dem Ersten Weltkrieg nicht aus dem Stadtbild verbannt werden. Freilich gibt es den traditionellen Fiakerstand nicht mehr. Heute kutschiert man Touristen durch das Stadtinnere.

In den letzten Jahren tauchten die Fiaker immer wieder mit negativen Schlagzeilen auf. Zunächst waren es die „Pferdeäpfel“, um die sich eine heiße Diskussion entzündete. Dabei waren es vielmehr des Menschen treueste Weggefährten und deren Verdauungsrückstände, die Wiens Gehsteige säumten. Das Wort vom „Wien das Hundeklo“ machte die Runde, was für eine Tourismusstadt mit Weltruf wenig schmeichelhaft war. Während unter dem Motto „Ein Sackerl fürs Gackerl“ Herr und Frau Wiener für die Beseitigung der „Hundstrümmerl“ neuerdings per Strafandrohung eigenverantwortlich sind, bekamen die Pferde „pooh bags“ verabreicht. So legte es der Wiener Gemeinderat 2004 fest. Bei den Pferde-Windeln handelt es sich um eine sackförmige Ledervorrichtung. Sie wird von den Fiakern vornehmlich als „Stinksackerl“ bezeichnet.

Jetzt droht die nächste Verschärfung. Dabei führt das rot-grüne Regierungsbündnis in Wien den Tierschutz und die Verkehrssicherheit ins Treffen. Geht es nach dessen Willen, sollen Fiakerkutschen künftig Nummerntafeln tragen und ein Fahrtenbuch führen. Dort sind die Ruhe- und Fütterungszeiten einzutragen. Fiaker mit grünen Parkkarten sollen nur mehr an geraden Kalendertagen, solche mit roten nur an ungeraden Tagen unterwegs sein. Das Fiaker-Gesetz soll schon im nächsten Jahr in Kraft treten. Für Einhaltung sorgen das Wiener Veterinäramt gemeinsam mit der Magistratsabteilung für Verkehrsangelegenheiten und die Polizei. Bei Zuwiderhandeln drohen Strafen bis zu 3.500 Euro.

Die Fiaker jedenfalls nehmen es gelassen. Einer von ihnen meint achselzuckend: „Uns is wuascht, wie de dos mochn.“

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