© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/11 04. März 2011

Die Maus, die brüllt
Die Lach-und-Sachgeschichten-Reihe wird vierzig Jahre alt – so alt wie die Zuschauer
Toni Roidl

Die Sendung mit der Maus wird vierzig. Und das ist auch das Durchschnittsalter der Zuschauer (laut WDR). Die Maus ist ein Sympathieträger der Öffentlich-Rechtlichen. Kein Wunder, daß die GEZ mit der Maus auf Plakaten für ihre Gebührenerhebung wirbt. Im Grunde ist die Sendung mit der Maus eine der wenigen akzeptablen Produktionen des WDR.

Durch die Sendung mit der Maus (die ursprünglich umständlich „Lach- und Sachgeschichten für Fernsehanfänger“ hieß) haben Kinder und Eltern ein gemeinsames Fernseherlebnis und erhalten dabei Antworten auf wichtige Fragen des Lebens. Zum Beispiel: Wohin verschwinden die einzelnen Socken in der Waschmaschine? Die Lösung dieses Rätsels im Jahr 2008 hat viele Familien von einer plagenden Ungewißheit erlöst! Danke!

Der WDR hat mittels einer Studie versucht herauszufinden, welche Fragen bei der Zuschauerzielgruppe der Vier- bis Neunjährigen wohl am besten ankämen. Ergebnis: Es gibt keine typischen Kinderfragen; Kinder interessieren sich praktisch für alles. Die Nummer eins  aller Kinderfragen an die Maus lautet: „Warum ist der Himmel blau?“ Kindliche Unschuld!

Viele Kinder wollen aber auch wissen, warum der Pulli von Christoph Biemann grün ist? Oxidiert, verschimmelt? Nein. Biemann, Autor, Regisseur und Moderator der Sendung in einem, kann auch das erklären: „Bei längeren Dreharbeiten brauchte ich identische Wechselsachen, um zwischendurch einen frischen Pullover anziehen zu können, ohne daß man es im Film sieht. Also stand ich morgens vor meinem Kleiderschrank und habe geguckt, von welchem Pullover ich zwei gleiche habe. Zufällig waren es zwei grüne. Später wurde daraus ein Markenzeichen. Kinder sind konservativ, darum könnte ich heute nicht plötzlich mit einem blauen Sweatshirt auftauchen.“

Kinder sind konservativ. Starke Aussage. Biemann konkretisiert das so: „Am Anfang konnten wir das Format der Sendung noch ganz frei gestalten. Heute ist die Maus ein Klassiker, da ist der Gestaltungsspielraum enger, denn Kinder sind konservative Zuschauer: Sie wollen sehen, was sie erwarten. Sie wollen gerne überrascht, aber nicht irritiert werden.“

Ein Höhepunkt der Sachgeschichten war die sechsteilige Deutschlandreise im Sommer 2007, bei der die Moderatoren zwölf von den Zuschauern gestellte Rätsel lösen mußten – vom Ulmer Münster über das Grab Friedrichs des Großen bis zum „Dreihasenfenster“ im Kreuzgang des Paderborner Doms. Für diese Volksaufklärung hat die Maus-Produktionsgesellschaft bislang an die hundert Preise und Auszeichnungen abgeräumt. Eine Sonderauszeichnung gab es 1995 für Armin Maiwalds Geschichtsserie zur Nachkriegszeit in Deutschland, die eine Wohltat gegenüber dem üblichen „Historytainment“-Krawall von RTL bis ZDF war. Die Nachkriegsfolgen sind nach wie vor empfehlenswert und auf DVD erhältlich oder im Internet anzuschauen.

Da mit der Maus durch Vertrieb von Medien und Merchandising viele Mäuse gemacht werden, wird es ihre Sendung sicher auch noch viele weitere Jahre geben. Christoph Biemann (58) sagt: „Das ist ja das Schöne, daß nach so vielen Jahren mit der Maus immer noch neue Zuschauer nachwachsen.“

Foto: Geburtstag: Die Maus ging erstmals  am 7. März 1971 auf Sendung

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