© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/11 04. März 2011

Umwelt
Grüne Abrechnung
Volker Kempf

Jutta Ditfurth hat ein Buch über die Grünen geschrieben. Bei Parteichef Cem Özdemir brauchte die zur Ökologischen Linken übergewechselte Grünen-Mitbegründerin nur an dessen Bonus-Meilen-Affäre zu erinnern, um dessen moralisierende Pose als verlogen erscheinen zu lassen. So richtig in Rage redete sie sich dann im Spiegel, als es um „patriachale Großmäuler“ wie Joseph Fischer ging. Der spätere Außenminister habe das Ökothema anfangs „lächerlich“ gefunden, aber dann erkannt, daß die SPD Bündnisse mit linken Partnern suchte. Also sprang Fischer 1982 auf den Zug der neuen Partei auf. Nicht die Bürgerinitiativen taten es Fischer an, sondern eine Partei, die ihm Posten und Pfründe versprach. Warum wählen dennoch so viele die sich „grün“ nennende Partei?

Ditfurth weiß, sie wollen getäuscht werden und „verstehen unter Ökologie nichts anderes mehr als verdünnte Vorstellungen von Klimaschutz“ und fliegen dann in den Urlaub. Weitergehende Fragen seien eine Zumutung, die würden ihnen die Grünen dann auch ersparen. Und der grüne Protest gegen „Stuttgart 21“? Nein, das besagte Bahnprojekt hätten die Grünen 2004 im Bundestag und auch im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn mit abgenickt. Nun täten sie so, als seien sie immer schon dagegen gewesen. Die Grünen stehen laut Ditfurth für nichts als „Verrat“. „Der grüne Verrat“ wäre ein passender Buchtitel, den gibt es aber schon, 2005 vorgelegt vom Grünen-Mitbegründer Jean Fuchs, der damals dem konservativen Flügel zugehörte. Legt Ditfurth mit ihrem Buch ein Plagiat vor? Das hat sie nicht nötig, da sie für Fischer und seine Nachfolger seit Jahren nur Hohn und Spott übrig hat. Es macht den Reiz von Ditfurth und auch Fuchs aus, daß sie die Grünen völlig unabhängig voneinander von innen heraus kritisieren. Das ist allemal erhellend. Warum also nicht auch Jutta Ditfurth einmal loben?

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