© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/11 18. März 2011

Der Finger am Abzug sitzt locker
Libyen: Gespannte Stimmung in der Rebellenhochburg Bengasi / Sorge um Einsatz afrikanischer Söldner
Billy Six

Noch zeigen sich die Aufständischen von Bengasi siegessicher. Doch die Zögerlichkeit der Uno hinsichtlich der von den Rebellen erhofften Flugverbotszone haben ihre Spuren hinterlassen. Wie lange kann man sich noch halten? Die Rebellen sind in Sorge, daß der Diktator nochmals Truppen einfliegen lassen könnte, um seine Herrschaft zu konsolidieren. Denn anders als die Medien berichten, liegt der Flugplatz Bengasis nicht gänzlich in Trümmern. Gut bewacht und für die Presse gesperrt, läßt man die Öffentlichkeit in dem Irrglauben.

Ungern erinnern sich die Rebellen an die Geschehnisse Mitte Februar, als ein Flugzeug aus dem südlichen Sabha mit schwarzafrikanischen Zivilisten an Bord auf der Rollbahn landete. In Windeseile seien die Männer in Militäruniformen gesteckt worden und mit Waffen in Richtung Stadt gefahren. Hunderte Demonstranten hätten den Tod gefunden, bestätigt Osama Liksiri, bis zum 21. Februar Mitarbeiter auf dem Gelände. Erst die Entscheidung von Armee und Polizei, den Gewaltbefehl aus Tripolis gegen das eigene Volk nicht länger auszuführen, brachte die Wende. Fluchtartig seien die Busse mit den Gefolgsleuten Gaddafis dann zurück zum 20 Kilometer jenseits des Stadtrands befindlichen Flughafen zurückgekehrt. Kurz darauf hoben vier Militärflieger und ein Jumbo der staatlichen „Afriqiya“ in Richtung Tripolis ab – kurz bevor die Regierungsgegner das Gelände einnehmen konnten. Nicht von ungefähr ist das gesamte Areal mit Luftabwehrgeschützen gesichert.

Für eine Normalisierung ist die Lage denkbar schwierig. So gerne die Oppositionsregierung nun auch Hilfsgüter per Luft einfliegen würde, so wenig wahrscheinlich ist dieses Szenario: Die Vertreter der neuen (Un-)Ordnung in Bengasi geben offen zu, daß jedes Flugobjekt vom Boden aus einen Angriff zu erwarten hätte. Es herrscht keine zentrale Koordination. Das Erlebte ist noch zu wach. Und der Finger am Abzug locker.

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