© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/11 18. März 2011

Sehnsucht nach Historischem
Leipziger Buchmesse: Rekordzahlen und Nostalgie
Ekkehard Schultz

Wer am Donnerstag an der Eröffnung der diesjährigen Buchmesse auf dem Leipziger Messegelände teilnehmen möchte, sollte sich schon jetzt erneut auf einen Massenandrang vorbereiten. Denn die Messegesellschaft will den Besucherrekord, der im Vorjahr mit 156.000 Gästen erreicht wurde, noch einmal überbieten. Auch die Zahl der vertretenen Verlage wird nach zwei Jahren, in denen Rückgänge zu verkraften waren, wieder steigen. 2.150 Aussteller aus 35 Ländern haben ihr Kommen angekündigt. Wer es lieber etwas ruhiger mag, aber dennoch viele interessante Neuerscheinungen entdecken und beabsichtigt, mit Autoren zu diskutieren, dem wird nunmehr bereits zum 20. Male mit der Reihe „Leipzig liest“ eine gute Alternative geboten. Insgesamt werden an den Messetagen etwa 2.000 Veranstaltungen an über 300 Plätzen in der Stadt und dem nahen Umland stattfinden.

Für den zeitgeschichtlich Interessierten dürfte ein Abstecher in das Museum an der Runden Ecke besonders attraktiv sein. Dort wird es eine Fotoausstellung sowie eine Buchpremiere geben, die sich speziell den heute unbekannten Gesichtern der Friedlichen Revolution von 1989 widmet. Am gleichen Ort wird Christian Sachse die erste umfassende Analyse über die Spezialheime für Kinder und Jugendliche in der DDR vorstellen. Viele der 120.000 damals dort Eingewiesenen leiden bis heute an den Folgen der psychischen und physischen Mißhandlungen. Ebenso findet eine Podiumsdiskussion anläßlich des 50. Jahrestages des Baus der Berliner Mauer statt.

Im Kontext mit dem Länderschwerpunkt Serbien (nach Slowenien 2007 und Kroatien 2008) beschäftigt sich Todor Kuljic mit den Erinnerungen an den Bürgerkrieg vor zwanzig Jahren in Ex-Jugoslawien. Dagegen dürfte eine Sonderausstellung, in der auf die reiche Tradition der Leipziger Musikverlage zurückgeblickt wird, nicht ganz ohne nostalgische Züge auskommen. In Leipzig wurde 1719 mit Breitkopf & Härtel der Musikverlag gegründet, der die Werke fast aller namhaften Komponisten des deutschsprachigen Raumes drucken ließ, so etwa von Georg Philipp Telemann, Joseph Haydn oder der Bach-Söhne. Doch wie viele andere Verlage befindet sich auch der Hauptsitz von Breitkopf & Härtel seit dem Kriegsende in Westdeutschland.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen