© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/11 01. April 2011

Deutschen Bauern droht erneut verschärftes Tierschutzgesetz
Gleiche Pflicht für alle
Harald Ströhlein

Es mag einiges für die Zuordnung des Verbraucherschutzes ins Landwirtschaftsministerium sprechen – zwei Herren zu dienen, ist jedoch kein leichtes. Dabei wäre es ein hehres Ziel, sowohl dem Lebensmittelerzeuger als auch dem Konsumenten gleichermaßen ministeriellen Segen zukommen zu lassen. Erforderlich wäre dazu ein Kenner und Könner, dem im wahrsten Sinne des Wortes Stallgeruch anhaften müßte.

Ilse Aigner (CSU) aber sorgt mit ihren Plänen in Sachen „Mehr Tierschutz in Deutschlands Ställen!“ einmal mehr für Kopfschütteln. Speziell die Nutztierhalter in Deutschland sehen sich der Erblast, die ein solch politischer Steinwurf nach sich zieht, hilflos ausgesetzt: erhöhte Auflagen und noch mehr Gängelung, steigende Kosten für Neu- oder Umbauten, noch mehr Schreibkram und nicht zuletzt enorme Wettbewerbsnachteile gegenüber den Wettbewerbern in den EU-Ländern und die damit verbundenen markanten Einbußen bei der Vermarktung.

Lag beispielsweise der deutsche Selbstversorgungsgrad bei Hühnereiern um die Jahrtausendwende noch bei über 75 Prozent, so bewegt er sich inzwischen – also nach dem geltenden Käfighaltungsverbot in Deutschland seit 2010 – unter 60 Prozent. Es ist keine Verschwörungstheorie, daß die den inländischen Bedarf deckenden Importeier nicht nur von glücklichen freilaufenden Biohühnern aus dem Osten stammen, sondern aus veritablen Tierfabriken. Und während Ministerin Aigner hierzulande bereits die Kleingruppenhaltung in Frage stellt, wird in Brüssel hingegen ernsthaft über eine Verlängerung der konventionellen Käfighaltung nach 2012 diskutiert.

Gleichwohl soll der Tierschutz in der Nutztierhaltung nicht in Abrede gestellt werden. Fakt ist aber: Die landwirtschaftliche Lebensmittelerzeugung wird sich zwangsläufig immer mehr dem öffentlichen Interesse stellen müssen. Schwarzen Schafen, welche die Mehrheit der verantwortungsbewußten Tierhalter in Mißkredit bringen, muß das Handwerk gelegt werden. Gleiches gilt im übrigen für die religiöse Schächtung, die in unseren christlich wie kulturell geprägten Breitengraden überhaupt nichts zu suchen hat.

Wenn schon die politische Riege aus Berlin und Bonn den Tierschutz in den kommenden Monaten auf den Prüfstand stellen will, dann darf dies trotz anstehender Landtagswahlen nicht populistisch, sondern fachlich fundiert und mit politisch weitsichtigem Kalkül geschehen.

Mit einem nationalen Alleingang ist weder den deutschen Tierhaltern noch den Verbrauchern geholfen. Vielmehr sind die gewonnenen Erkenntnisse nicht ohne Eigennutz im laufenden EU-Tierschutzaktionsplan einzubringen. Und genau dort, also in Brüssel, kann dann Ministerin Ilse Aigner zumindest ihre politische Kompetenz – Diplomatie und Durchsetzungskraft inklusive – unter Beweis stellen.

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