© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/11 08. April 2011

Atom-Ausstieg
Meinungsführer
Rolf Dressler

Mehr als sieben Jahrzehnte liegt er nun schon zurück: der brachiale Aufstieg des braunen Tyrannen aus Braunau. Noch immer aber müssen sich die älteren Generationen von altklugen, gerade auch in deutscher Geschichte sträflich einäugig (um)erzogenen Nachgeborenen bohrend fragen lassen, wie und warum „das mit dem Adolf Hitler“ denn nur habe passieren können.

Daß Geschichte sich nicht wiederhole, ist durch des Menschen Tun vielfach widerlegt. Despoten früherer Tage erzeugten Massenwahn, Verführung und vorsätzliche ideologische Irreleitung über krächzende Lautsprecher bei Aufmärschen auf riesigen Versammlungsplätzen. Nie zuvor aber verfügten Herrschende über ein so gigantisches Arsenal von Informations-, Desinformations- und Propagandainstrumenten wie in unserem glorreichen Zeitalter von gedruckter Massenpresse, Fernsehen, Funk und schier grenzenlosem Internet.

Ein, wie man sieht, verführerisches Paradies für die Fähnlein-nach-dem-Wind-Hänger. Die einen, Grüne und  Rote natürlich vorneweg, haben es selbstredend immer schon gewußt, daß Atomkraft Teufelszeug ist – ja laut SPD-Chef Sigmar Gabriel gar ein Verbrechen an der Menschheit.

Konsequenterweise hätten sie dann längst gegen die Regierungen aller Atommeiler-Betreiberstaaten vor die höchsten internationalen Gerichtshöfe ziehen müssen. Sie taten es nicht in einem einzigen Fall. Unwidersprochen beschimpfen grüne und rote Alles-besser-Wisser CDU/CSU und FDP statt dessen seit eh und je als angeblich willfährige Büttel der finsteren Atomindustrie und des großen Kapitals. Merkwürdig aber: Noch nie sahen sich Anti-Kernkraft-Trompeter der auch nur leisen Nachfrage ausgesetzt, ob sie sich denn so gänzlich selbstlos-menschenfreundlich – allein für Gottes Lohn sozusagen – für die sogenannten erneuerbaren Energien in die Bresche werfen.

Könnte es nicht sein, daß dieser oder jener rote oder grüne Politiker für wohlfeile Lobbyistendienste sehr diskret von der Solar- und Windräderindustrie honoriert wird? Zu weit hergeholt oder völlig ausgeschlossen erscheint auf diesem weiten Dunstfeld eigentlich nichts. Denn es geht um ideologische Meinungsführerschaft der eigenen (Partei-)Farben und um mächtig viel Geld. Doch mit nüchternen Wahrheiten halten sich die Klugredner nicht auf.

 

Rolf Dressler war langjähriger Chefredakteur beim  „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld und ist nun freier Journalist.

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