© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/11 08. April 2011

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Konservative im Hinterzimmer
Felix Krautkrämer

Politik wird bekanntlich weniger im Parlament gemacht, sondern in Hinterzimmern. Dort werden die entscheidenden Pläne geschmiedet, Netzwerke geknüpft und Verabredungen getroffen. Die Medien versehen solche Treffen gerne mit vielsagenden Namen wie „Anden-Pakt“ oder „Pizza-Connection“.

Und wer weiß, vielleicht ist der Berliner Politikbetrieb in Kürze um einen weiteren Kreis reicher – benannt nach dem Berliner Restaurant Dressler. Denn dort trafen sich am Montag mehrere CDU-Politiker, die vor allem eines eint: die Sorge um das Profil und den Kurs der Partei, und das nicht erst seit den jüngsten Landtagswahlen. Es sind häufig die Landesverbände, die den Unmut der Wähler zuerst zu spüren bekommen, wenn es in Berlin nicht rund läuft. Und so verwundert es auch nicht, daß mit den Fraktionschefs aus Sachsen, Hessen, Thüringen und Brandenburg (Steffen Flath, Christean Wagner, Mike Mohring und Saskia Ludwig) vorrangig Landespolitiker im Dressler erschienen.

Aus der Bundestagsfraktion erschien lediglich der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach. Der 58jährige macht aus seiner Unzufriedenheit über das Erscheinungsbild seiner Partei kein Geheimnis. Böse Zungen in der Union führen dies allerdings weniger auf den Kurs der CDU zurück, als auf verletzte Eitelkeit. Bosbach, der (nur) stellvertretender Fraktionschef ist, habe sich bei der Postenvergabe nach der Bundestagswahl offenbar mehr versprochen. Vielleicht schlägt in der Brust des Rheinländers aber auch wirklich ein konservatives Herz und vielleicht fühlt er sich angesichts seiner immer weiter nach links rückenden „modernen Großstadtpartei“ zunehmend auf verlorenem Posten. Dieses Gefühl dürfte er dann mit Brandenburgs früherem Innenminister Jörg Schönbohm teilen, den es ebenfalls ins Dressler geführt hatte und dessen Abwahl als Präsidiumsmitglied der CDU 2006 vielen in der Union als endgültige Preisgabe des konservativen Flügels gilt.

Einen jedoch suchte man an diesem Abend in dem Berliner Restaurant vergeblich: Philipp Mißfelder. Und das, obwohl der JU-Chef sonst keine Gelegenheit ausläßt, sich als Lordsiegelbewahrer des Konservatismus zu präsentieren. Immerhin gehört Mißfelder zu den Gründungsmitgliedern des „Einstein-Pakts“ (benannt nach dem Café Einstein), einer Gruppe junger Unionspolitiker, die 2007 mit dem Grundsatzpapier „Moderner bürgerlicher Konservatismus“ das Profil der CDU schärfen wollte und danach nie mehr von sich reden machte. Offenbar scheut Mißfelder mittlerweile die Nähe zu den Mitgliedern des Dressler-Kreises, aus Angst, dies könnte seinem ohnehin gestörten Verhältnis zur Kanzlerin und damit seiner weiteren politischen Karriere schaden.

Andere vermuten, dem 31jährigen, aus dessen Umgebung zu hören ist, er fühle sich für höhere Aufgaben berufen, gehen die Pläne der Übrigen schlicht nicht weit genug. Denn in dem Restaurant wurde am Montag keinesfalls der Königsmord verabredet, sondern die Gründung eines Arbeitskreises, dem es neben dem Regieren auch auf die damit verbundenen Inhalte ankommt.

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